Eine Begegnung mit Walt Disney

von Redaktion

VON KATRIN WOITSCH

Bayrischzell – Hans von Rohr hat in seinem Leben schon einige Micky-Maus-Hefte gekauft. Aber keines mit so klopfendem Herzen wie damals im September 1963. Er ist zwölf Jahre alt und mit seinen Eltern zum Flughafen Köln-Bonn gefahren, um seinen älteren Bruder abzuholen. Der studiert in den USA – und bringt eine unglaubliche Nachricht mit. „Er wusste ja, dass ich ein großer Donald-Duck- und Micky-Maus-Fan bin“, erzählt von Rohr. Und dann sitzt im Flugzeug ein paar Reihen vor ihm ausgerechnet Walt Disney. Sein Bruder beeilt sich an der Gepäckausgabe. „Er kam auf mich zugelaufen und sagte mir, ich soll mir schnell irgendwo ein Micky-Maus-Heft kaufen und mir ein Autogramm holen.“ Das lässt sich Hans von Rohr natürlich nicht zweimal sagen. Mit klopfendem Herzen wartet er, das Heft in der Hand, bis er Walt Disney entdeckt. Dann nimmt er seinen ganzen Mut zusammen und spricht ihn an. „Gut Englisch sprechen konnte ich damals noch nicht“, erinnert er sich. „Aber er hat mich verstanden.“

An die genauen Sätze erinnert er sich heute nicht mehr. Aber dass Walt Disney sehr freundlich war, weiß er noch genau. Natürlich signierte er gerne das Heft. „Es war das erste Autogramm, um das ich jemals gebeten hatte“, sagt von Rohr. Und wohl auch das wichtigste. Es hat ihn bis heute durch sein ganzes Leben begleitet.

Inzwischen genießt Hans von Rohr seinen Ruhestand in Bayrischzell im Landkreis Miesbach. Und wenn er so auf sein Leben zurückblickt, wird ihm manchmal bewusst, wie sehr ihn Walt Disneys Figuren beeinflusst haben. „Wahrscheinlich ist es auch Daniel Düsentrieb zu verdanken, dass ich Naturwissenschaftler und Patentanwalt geworden bin“, sagt er und schmunzelt. 1981 hatte er bei seiner ersten mündlichen Verhandlung vor dem Bundespatentgericht in München das große Glück, einen Anwaltskollegen gegenüber zu haben, mit dem er die Leidenschaft für Daniel Düsentrieb teilte. „In unsere Plädoyers bauten wir beide geschickt Zitate aus älteren Episoden ein, was den Verhandlungsverlauf recht abwechslungsreich werden ließ“, erinnert er sich.

Wenn er wollte, könnte er für jede Lebenslage Zitate von Micky, Donald und Co. finden, glaubt von Rohr. Seine ältere Schwester hatte ihm ihre Hefte-Sammlung vererbt – zu ihr gehört sogar das erste Micky-Maus-Heft, das am 1. September 1951 erschienen ist. Auch als Rentner nimmt Hans von Rohr die bunten Comics gerne zur Hand und blättert darin – gerade jetzt hat er dafür wieder häufiger Zeit. Und er freut sich, dass er diese Begeisterung auch an seine Kinder und Enkel weitergeben konnte. So wertvoll die alten Hefte sind, „sie sind zum Lesen da und sollen Spaß machen“, sagt er. Natürlich ist die Ausgabe von September 1963 eines seiner Lieblingshefte. Wenn er sie in den Händen hält, sieht er sich sofort wieder als Zwölfjährigen vor Walt Disney stehen und mit klopfendem Herzen um ein Autogramm bitten.

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In einer kleinen Serie berichten wir über alte Schriftstücke und die Geschichten dahinter.

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