Eine königliche Abordnung zu Gast in Anzing

von Redaktion

SCHRIFTSTÜCKE UND IHRE GESCHICHTE Karl Kain besitzt eine alte Speisekarte, die mit König Max II. zu tun hat

Anzing – Am 11. Juli 1864 gab es in der Alten Post in Anzing (Kreis Ebersberg) ein besonderes Menü: Lachsforellen, Hühner in Karviolsauce, Rehschlegel mit Butterkrapfen, Gansbraten mit Endivien-Salat und Pomeranzen, Götterspeise und Kirschkuchen. Dazu guten Wein, einen Forster Traminer oder einen Bordeaux St. Julien. Karl Kain saß damals natürlich nicht selbst mit am Tisch. Aber er hatte Glück – und einen guten Draht zur Wirtsfamilie. So ist er vor einigen Jahren an eine Kopie der Speisekarte gekommen. Die Geschichte dahinter setzt er wie ein Puzzlespiel zusammen.

Einige Puzzlestücke beisteuern konnte der „Feldhuber“ – sein guter Freund Josef Huber. Der hat die Speisekarte nicht nur aus altdeutscher Schrift übersetzt, sondern auch ein paar Rätsel gelöst. Denn Kain wusste zwar bereits, dass damals eine königliche Hofkommission auf der Durchreise war – aber nicht wieso. Der Feldhuber hat’s rausgekriegt. „Die Abordnung war damals auf dem Weg nach Altötting“, berichtet Kain. Mit dabei hatten sie das Herz seiner Majestät König Max II., der einige Monate zuvor gestorben war. Er wurde zwar in der Theatinerkirche in einer Seitenkapelle beigesetzt. Doch sein Herz wurde in die Gnadenkapelle in Altötting gebracht. Auf dem Weg dorthin machte die königliche Abordnung in Anzing eine Pause und speiste in der Alten Post. „Das Herz des Königs wurde so lange in die Anzinger Kirche gebracht“, berichtet Kain. Auf dem Rückweg kehrte die Hofkommission noch einmal in Anzing ein. Auch das ist auf der Speisekarte vermerkt: „Rückreise am Freitag, 15. Juli 1864“, steht dort. „Für 4 Herrn Fleisch u. 2 Herrn Fasten Speisen an einer Tafel.“ Wieder gab es Hühner, Champignons in Weinsauce, Rindfleisch, Bohnen, Münchner Fasanen mit Sauerkraut, gebackene Frösche, Schwarzwildbret mit Maultaschen und Weinstritzel sowie Enten-Braten, gebackene Fische, Torten, Schinken, rote Sülze, Obst und Konfekt.

Es ist ein Stück Geschichte, was da unscheinbar in einem Holzrahmen in seinem Haus in Anzing hängt, findet Kain. Und er gibt nicht auf: Noch immer ist er auf der Suche nach weiteren Details. „Ich bin einfach sehr geschichtsinteressiert“, sagt er. Für jemanden wie ihn ist eine 156 Jahre alte Speisekarte eben ein Schatz. KATRIN WOITSCH

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