20 000 Knochenmarkspender gesucht

von Redaktion

VON KATRIN WOITSCH

München – „Die Situation ist prekär“, das sagt Cornelia Kellermann ganz deutlich. Seit Beginn der Corona-Pandemie konnte die Aktion Knochenmarkspende Bayern (AKB) keine einzige Typisierungsaktion mehr organisieren. Die Anzahl der neu gewonnenen Spender ist im Vergleich zum Vorjahr um 80 Prozent zurückgegangen – und damit auch die Chancen auf Heilung für Leukämiepatienten überall auf der Welt.

Die AKB muss Jahr für Jahr mindestens 20 000 neue potenzielle Stammzellenspender gewinnen. Wären es mehr, hätten Leukämiekranke deutlich bessere Chancen, einen passenden Spender zu finden. Sind es weniger, müssen noch mehr von ihnen vergeblich auf eine Spende warten. „Schon vor der Corona-Krise fand jeder fünfte Leukämiepatient keinen passenden Spender“, berichtet AKB-Sprecherin Kellermann. Aktuell stehen zwar 325 000 Stammzellenspender aus Bayern in der weltweit vernetzten Datei als „genetische Zwillinge“ für Patienten bereit. Doch rund 20 000 brechen jedes Jahr weg – weil sie die Altersgrenze von 61 überschreiten, selbst krank werden oder sterben. Diese 20 000 muss die AKB Jahr für Jahr ausgleichen. Normalerweise macht sie das mit Typisierungsaktionen. Dabei helfen engagierte Bürgervereine, Feuerwehren, Firmen, Berufsschulen, Ärzte oder Privatpersonen. Meistens kämpfen sie zusammen und rufen zur Registrierung auf, weil ein Mensch im Ort an Leukämie erkrankt ist und dringend die Spende braucht. „Wenn es um ein konkretes Schicksal geht, ist es natürlich leichter, Menschen dazu zu bringen, sich registrieren zu lassen“, sagt Kellermann. Aber sie betont auch: „Wenn wir erst beginnen würden, einen Spender zu suchen, sobald jemand erkrankt ist, wäre es meistens zu spät. Wir brauchen eine Datenbank, in der möglichst viele Menschen registriert sind.“ Und diese Datenbank muss mindestens gleich groß bleiben, darf aber auf keinen Fall schrumpfen.

Kellermann weiß, dass die Menschen gerade nicht weniger bereit sind, sich zu engagieren – sondern weil die Pandemie die Möglichkeiten einschränkt. „Wir dürfen jetzt in der Krise die Menschen nicht vergessen, die auch vor und nach Corona dringend unsere Hilfe brauchen“, betont sie. Deshalb startet die AKB heute eine Kampagne, mit der sie die Aufmerksamkeit auf die fehlenden Knochenmarkspenden lenken will. Ab sofort werden in München viele blaue Plakate zu sehen sein. „20 000 fehlen“ steht darauf – kombiniert mit einem Aufruf, sich registrieren zu lassen. Denn das ist trotz Corona möglich, betont Kellermann. Nämlich online unter www.akb.de/20000fehlen. Dort kann jeder ein Lebensretter-Set anfordern, das nach Hause geschickt wird. Es enthält eine Einverständniserklärung, die unterschrieben werden muss. Außerdem ein Wattestäbchen, mit dem potenzielle Spender selbst einen Wangenabstrich durchführen können. Alternativ können sie mit einer mitgeschickten Kanüle zu ihrem Hausarzt gehen und sich dort für die Registrierung Blut abnehmen lassen. „Der Wangenabstrich oder die Blutprobe werden mit der Einverständniserklärung portofrei zurückgeschickt“, erklärt Kellermann. Das ist alles, was nötig ist, um sich in die Datei aufnehmen zu lassen. „In nur fünf Minuten kann jeder zum Lebensretter werden.“ Spender werden können alle gesunden Menschen zwischen 17 und 45 Jahren.

Noch sei es realistisch, bis Ende des Jahres die nötigen 20 000 neuen potenziellen Spender zu gewinnen, betont Kellermann. Täglich werden weltweit durch die Knochenmarkspende-Datei drei bis fünf passende Spender vermittelt. Diese Zahlen dürfen nicht sinken, sagt Kellermann. Denn: „Leukämie ist immer da – auch wenn die Corona-Krise irgendwann vorbei ist.“

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