Augsburg: Mehr Geld für Missbrauchsopfer

von Redaktion

VON CLAUDIA MÖLLERS

Augsburg – Am Samstag wird Bertram Meier in Augsburg zum Bischof geweiht. Lange hat er warten müssen, war die Bischofsweihe doch für den 21. März geplant. Wegen der Corona-Krise musste sie verschoben werden. Kurz vor seiner Amtseinführung setzt Meier ein Zeichen und bietet Opfern von Missbrauch und Gewalt im kirchlichen Kontext mehr Geld an, als seine künftigen Bischofskollegen vereinbart hatten.

Eine neue „Anerkennungs- und Unterstützungsordnung“, die gestern veröffentlicht wurde, soll „der Tatsache Rechnung tragen, dass Missbrauch in nicht wenigen Fällen berufliche und gesundheitliche Langzeitfolgen haben kann“. Dazu sind nun monatliche Zahlungen vorgesehen, wenn Betroffene ihren Lebensunterhalt nicht selbst bestreiten könnten. Sie erhalten jetzt Einmalzahlungen – je nach Schwere des Falls in mehreren Stufen über 25 000 Euro. Als Gesamtbetrag seien maximal 75 000 Euro vorgesehen. Die Finanzierung erfolge nicht aus Kirchensteuern, sondern ausschließlich aus Mitteln des Bischöflichen Stuhls. Der Bischöfliche Stuhl in Augsburg ist mit hohen Mitteln ausgestattet. 2018 belief sich die Bilanzsumme auf 628,4 Millionen Euro. Allerdings wird daraus auch die Altersversorgung für die Priester bestritten. Im Erzbistum München und Freising lag die Bilanzsumme des Erzbischöflichen Stuhls 2018 bei 52,8 Millionen Euro – doch hier wird die Altersversorgung der Priester aus anderen Mitteln gezahlt.

Die Deutsche Bischofskonferenz hatte im März einen Grundsatzbeschluss zu erhöhten Schmerzensgeldzahlungen gefasst. Danach soll sich die Kirche an der zivilrechtlichen Schmerzensgeld-Tabelle und Gerichtsurteilen orientieren, was derzeit Summen zwischen 5000 und 50 000 Euro pro Fall bedeutet. Vom Bistum Augsburg hieß es, man trage den Grundsatzbeschluss mit, wolle aber nicht länger auf dessen noch ausstehende Umsetzung warten. Dem neuen Bischof sei es wichtig gewesen, „den Betroffenen eine Perspektive zu eröffnen, um die sie uns immer wieder gebeten haben“. Ferner will Augsburg die Kosten für Therapie übernehmen. Auch solle es „Sachwalter“ als Ansprechpartner für Betroffene geben. Sie dürfen in keinem kirchlichen Arbeitsverhältnis stehen. Der ernannte Bischof erklärte: „Meine Zeit als Bischof wird sich auch daran messen lassen müssen, wie ich mit diesem dunklen Kapitel unserer Vergangenheit als Kirche umgegangen bin und was ich getan habe, dass sich Derartiges nie mehr wiederholt und nicht zuletzt auch, wie wir den Betroffenen geholfen haben.“

Im Münchner Erzbistum gibt man sich zurückhaltend: „Die Deutsche Bischofskonferenz wird voraussichtlich im Herbst über höhere Zahlungen in Anerkennung des Leids entscheiden. Die Erzdiözese München und Freising, die dieser Entscheidung folgen wird, hat ein aktives Interesse, dass dieser Weg zu höheren Anerkennungsleistungen dann auch in einem geordneten Verfahren zügig beschritten werden kann“, sagt Sprecher Christoph Kappes. Offenbar laufen dazu bereits die Vorbereitungen.

Die Opferinitiative „Eckiger Tisch“ begrüßt die Ungeduld des neuen Augsburger Bischofs. „Auch wir sind ungeduldig“, sagt Sprecher Matthias Katsch. Trotzdem berge ein Alleingang die Gefahr, dass ein Flickenteppich an Regelungen entstehe, wenn jedes Bistum eigene Summen und Verfahren einführe. Katsch richtet den dringenden Rat an die Bischöfe, gemeinsame Regelungen mit den Betroffenenvertretern und externen Beratern zu finden. Auch die in Augsburg in Aussicht gestellten 75 000 Euro reichten nicht. „Klar ist auch: Die jetzt angekündigten Summen stehen in keinem Verhältnis zum angerichteten Schaden im Leben der Opfer. Aber sie bedeuten einen Fortschritt gegenüber den bisherigen Anerkennungsleistungen, die mit bis zu 5000 Euro eher symbolischer Art waren“, so Katsch.

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