Die Aufheiterer in der Krise

von Redaktion

VON BEATRICE OSSBERGER

München – Claus-Peter Damitz mag Seifenblasen seit seiner Kindheit. Wie nützlich sie sein können, hat der 60-Jährige aber erst in den vergangenen Wochen festgestellt. „Mit Seifenblasen können wir auch auf die Entfernung wunderbar schillernde Geschenke machen“, sagt er. Und so stand der Klinik-Clown vor Kurzem mit seiner Spiel-Partnerin vor einem Münchner Heim für Behinderte, und pustete riesige, bunte Seifenblasen in den Himmel, während die Bewohner und die Pfleger auf den Balkonen standen und zusahen. „Es hat uns sehr berührt, dass sich alle so gefreut haben“, sagt Damitz.

Seit fünf Jahren besucht der Schauspieler und Synchronsprecher als Professor Baldur Bommel Alten- und Pflegeheime in Bayern. Es ist eine Arbeit, die sehr von der körperlichen Nähe lebt, erzählt er. „Wir umarmen die Bewohner, halten Hände, streicheln Wangen. Wir sind zum Lachen da, aber wir sind auch eine Schulter, an der sich die Menschen ausweinen oder ausschimpfen dürfen.“ All das ist seit Mitte März nicht mehr möglich. Das Besuchsverbot in Kliniken, Alten- und Pflegeheimen, das im Zuge der Corona-Pandemie erlassen wurde, gilt auch für Klinik-Clowns. Auch jetzt, da die Beschränkungen etwas gelockert werden, dürfen die 67 Klinikclowns in Bayern weder Kinder- oder Palliativstationen noch Seniorenheime betreten.

„Das Besuchsverbot war anfangs ein Schock“, sagt Peter Spiel, künstlerischer Leiter des Vereins der Klinikclowns. „Aber wir haben schnell entschieden, dass wir uns von Corona nicht geschlagen geben werden.“ In ganz Bayern lassen sich die Clowns viel einfallen, um Kindern auf der Krebsstation und Senioren im Pflegeheim auch weiterhin nahe sein zu können. Sie pflanzen Luftballon-Blumen in die Gartenanlage, geben fröhliche Hinterhofkonzerte, sie schicken lustige Videobotschaften und Postkarten.

Die Besuche der Clowns seien ein „Licht im Dunkeln der Zeit“, sagt Evelyn Walchshofer, Leiterin des AWO-Sozialzentrums in Laim. „Ich musste des Öfteren mit den Tränen kämpfen, weil es mir so eine Freude bereitet hat, unsere Bewohner mal wieder fröhlich und ausgelassen zu sehen.“

Ein Seniorenheim hat Claus-Peter Damitz sogar das hauseigene Studio zur Verfügung gestellt. Hier nimmt er nun mit seiner Teamkollegin regelmäßig kleine Videos auf, in denen er zum Namenstag gratuliert, Lieder singt und Schabernack treibt. Ausgestrahlt werden die Beiträge dann über den Heimsender. „Es kommt auf die Einrichtung an, was wir machen können und machen dürfen“, sagt Spiel. In seinem Fall heißt das: Außeneinsätze sind nicht möglich. Spiel und seine Kollegin sind auf der onkologischen Kinderstation des Schwabinger Krankenhauses im Einsatz. Zurzeit besuchen sie die kleinen Patienten per Video-Visite. Die Clowns haben sich hierfür extra zu Hause kleine Studios eingerichtet, schalten sich per Smartphone-Videodienst zusammen und rufen dann direkt bei den Kindern an. „Es hat ein bisschen gedauert, bis wir Technik, Datenschutzerklärungen und Abläufe geregelt hatten“, sagt Spiel. „Aber jetzt sind wir eingespielt.“ Als Dr. Paletti, der karierte Hosen trägt und sonnengelbe Hosenträger, zeigt der 54-Jährige mit seiner Partnerin Zaubertricks, singt, spielt Gitarre und macht jede Menge Quatsch. Das kommt bei den Patienten bestens an. Die Termine für die Video-Visiten sind heiß begehrt, auch wenn das eine oder andere Kind schon fragt, wann die lustigen Doktoren „in echt“ wiederkommen. „Ich bin ehrlich zu den Kindern“, sagt Spiel, er antwortet: „Wir kommen zu euch, sobald es wieder möglich ist.“

Was dem Verein in Zukunft noch möglich sein wird, ist eine andere Frage. Seit der Krise plagen die Klinik Clowns finanzielle Sorgen. Der Verein ist rein spendenfinanziert, durch die Pandemie hat die Spendenbereitschaft aber deutlich nachgelassen. Im April kamen nur noch halb so viele Spenden an wie in normalen Zeiten. „Momentan kommen wir noch zurecht“, sagt Karin Platzer, die Sprecherin des Vereins. Sollte die Tendenz allerdings anhalten, sei unklar, ob künftig alle Einsatzorte gehalten werden könnten. „Ich hoffe das Beste“, sagt Peter Spiel.

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