München – Als Ricky Steinberg am 25. Mai seinen Hofbräukeller in München-Haidhausen wieder öffnen konnte, war er heilfroh. Nicht nur in seinem großen Biergarten, auch drinnen durfte er endlich wieder Gäste empfangen – wenn auch mit deutlichen Einschränkungen. Keine acht Tage später hat er frustriert das Restaurant wieder geschlossen: „Bevor ich jeden Tag zwei- bis sechstausend Euro reinstecke, sperren wir den Laden wieder zu“, sagt er unserer Zeitung. Der Umsatz reichte an keinem Tag, um die laufenden Kosten – Personal, Strom, Pacht – zu bezahlen. Die Mitarbeiter müssen wieder in Kurzarbeit oder sie helfen im Biergarten mit.
„Mir geht es nicht nur um uns, so schlimm es ist. Mir geht es auch um unsere Mitarbeiter, die ich gerne behalten möchte und die in München überleben müssen“, sagt der Wirt. Wenn ein Kellner, der zu 50 Prozent von seinem Trinkgeld lebe, nur noch 60 Prozent von seinem Festlohn bekomme, „dem bleiben nur 30 Prozent von dem, was er normalerweise hätte. Mit 30 Prozent von einem Monatslohn kann man hier nicht leben.“
Selbst der verhältnismäßig gute Betrieb im Biergarten, wo Steinberg derzeit 500 statt normalerweise 1800 Gäste unterbringen darf, ist für ihn nur „reine Schadensbegrenzung“. Im Biergarten hätten die Gäste wegen Corona offensichtlich nicht die Sorgen, die sie im Lokal haben. Es hänge jetzt davon ab, wie schnell die Menschen wieder Hoffnung schöpften. Der Wirt wünscht sich, dass die Menschen wieder mehr Eigenverantwortung übernehmen könnten. Sein Restaurant bleibt nun vorerst geschlossen, im Biergarten hat er die Preise fürs Bier (von 8,60 auf 9,30 Euro) erhöht. Die Speisen wurden im Schnitt um drei Prozent teurer.
„Bei schönem Wetter draußen sind zwar vermeintlich die ein oder anderen Biergärten voll, aber die haben auch nur 40 bis 50 Prozent ihrer normalen Kapazität und das ist noch keine Garantie, dass ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb möglich ist“, bestätigt auch der Landesgeschäftsführer des Branchenverbands Dehoga, Thomas Geppert, die Lage. Und in den Innenbereichen der Lokale sei vor allem in den Städten noch ganz wenig los.
„Da fehlen die ausländischen Gäste“, sagt Geppert. Zudem seien die Menschen verunsichert, es fehle noch an Schwung. In der Folge haben nicht alle Gaststätten offen, die könnten. Einige Wirte hätten gar nicht erst aufgemacht, andere hätten zwar zunächst geöffnet, inzwischen aber gemerkt, dass es sich für sie nicht lohne und wieder geschlossen.
Zahlen dazu, wie viele Wirte ihre Häuser wieder geschlossen haben, liegen dem Dehoga nicht vor. Doch es gibt auch Betriebe, die geöffnet sind, obwohl sie damit Geld verlieren, wie Geppert erklärt. Teilweise wollten sie damit Präsenz bei ihren Gästen zeigen, teilweise auch Konzepte ausprobieren.
Sorgen macht sich Ricky Steinberg um die Hunderte von Kollegen in der Stadt, die keine Außenplätze haben, deren Gäste ausbleiben. Oder die nur noch so wenige Plätze besetzen dürften, dass sich der Betrieb an sich nicht lohne. Steinberg hat zwar eine einmalige 50 000 Soforthilfe vom Staat bekommen, aber bei Personalkosten von 140 000 Euro pro Monat helfe das auch nicht lange.
In der Pizzeria „Da Francesco“ in Tegernsee darf Francesco Sabbatella derzeit nur 30 seiner 90 Plätze belegen. Auch bei ihm reicht der Umsatz bei Weitem nicht, um die Kosten zu decken. Zudem hat er Stress, weil sich manche Gäste nicht an die Regeln halten. „Wenn die Leute nicht anständig sind, dann mache ich zu. Sie wollen nicht verstehen, dass sie nicht mit sechs verschiedenen Haushalten zusammen essen können“, ärgert er sich. Über die Pfingstferien schaut er sich das noch an. Wenn es nicht besser werde, will er auf „Pizza to go“ umstellen.
Josef Bogner ist Gastwirt aus Leidenschaft und war voller Vorfreude, als er seinen Voitlhof zum Zotzn in Rottach-Egern (Kreis Miesbach) wieder öffnen durfte. Doch nun herrscht Frust: Wegen der strikten Einschränkungen mag keine rechte Atmosphäre in dem zünftigen Gasthof aufkommen. Keiner darf an der Bar sitzen, nur Mitglieder zweier Haushalte an einem Tisch, Maskenpflicht: Josef Bogner fühlt sich „oft wie ein Erzieher im Kindergarten“. Und wirtschaftlich sei es eine „Vollkatastrophe“.
Angesichts der schwierigen Lage hofft der Verband auf die Wirkung der Mehrwertsteuersenkung ab Juli und fordert weitere staatliche Hilfen. Zudem müssten die Regeln gelockert werden, wenn die Infektionszahlen weiter niedrig seien. Dabei schwebt Geppert eine Reduzierung der Abstände in den Außenbereichen vor, was mehr Sitzplätze ermöglichen würde. Zudem hofft er auf spätere Sperrzeiten sowie die Erlaubnis für Gruppenreservierungen und Veranstaltungen. „Viele Betriebe leben davon.“ Und man könne auch bei Veranstaltungen das Abstandsgebot einhalten. (mit dpa)