Lasst uns heute einmal ein Seminar über das weitverbreitete Deppentum in unserem Lande und damit zusammenhängend die Idioten-Fraktion halten. Zunächst eine Vorbemerkung: Deppen, das sind immer die anderen! Wer möchte sich da schon an die eigene Brust klopfen? Obwohl, manch einem ist schon einmal das Geständnis „Ich bin vielleicht so ein Depp!“ entfahren. Aber eben nur vielleicht!
Es gibt einfache Deppen, Volldeppen und Halbdeppen. Wobei sich letztere keinen Illusionen hingeben sollten. Das „halb“ bedeutet in der Regel keine Milderung, sondern besagt eher, dass es bei ihnen nicht einmal zu einem ganzen Deppen gereicht hat. Ein richtiger Depp beginnt seine Karriere schon in frühester Jugend als Depperl, also einem gutmütigen Dummerl. Als solches hat er aber gute Chancen, später doch noch einen ehrenvolleren Titel, etwa Gloiffe, Holzkopf, Gigerl, Bummerl und dergleichen zu erlangen.
Nun zum Teil zwei unseres Seminars: Dem Deppen gleichrangig zur Seite steht der Idiot, insbesondere der Vollidiot, während der Halbidiot sprachlich kaum relevant ist. Ein bemerkenswertes Goetz-Zitat, ausnahmsweise nicht strafbar, lautet: „Wer in einem gewissen Alter nicht bemerkt, dass er hauptsächlich von Idioten umgeben ist, merkt es aus einem gewissen Grunde nicht.“ Nicht Goethe heißt der Verfasser, sondern Curt Goetz, der legendäre deutsch-schweizerische Schauspieler und Schriftsteller. Das Kuriose an diesem Zitat ist nun, dass es von allen und jedem sogleich durch heftiges Kopfnicken bestätigt wird. Eine Umfrage unseres Instituts hat ergeben, dass es 99 Prozent schon längst gemerkt haben, hauptsächlich, viele meinen sogar ausschließlich, von Idioten umgeben zu sein. Selbst in Berlin, wo die Leitungen so manches Mal undicht sind, merkt man es seit Neuestem zwar nicht immer, aber immer öfter. Kaum nähert sich ein CDU/CSU-Mime einem grünen Rathaus, oder er gerät bei einem Koalitions-Treff in Tuchfühlung mit einem SPD-Rudel, schon sieht er sich von unserem Studienobjekt umzingelt. Und umgekehrt ist es dasselbe. Selbst wenn sich der Blick ausschließlich auf die eigenen Reihen richtet, kann bei geeigneter Mischung die Erkenntnis reifen, Blödiane vor sich zu sehen. Und das ist eben das Dilemma: Jeder, der es merkt, von Idioten umgeben zu sein, scheidet nach der Logik des Spruches als solcher aus: Sonst würde er es ja nicht bemerken. Wenn es aber von 100 Erwachsenen 99 merken, bleibt nach Adam Riese nur ein einziger Idiot übrig. Wie aber soll nun dieser die geballte Mehrheit der Klugen umzingeln können?
Um aus dieser Sackgasse zu kommen, gibt es praktisch nur eine Erklärung. Erstens: Nicht alle Idioten, die von anderen dafür gehalten werden, sind auch solche. Zweitens: Manche, die andere als Idioten identifizieren, sind deshalb nicht automatisch geistig Höherstehende, sondern könnten möglicherweise selber den Idioten zugerechnet werden. Das bedeutet, dass die vermeintliche Pfiffigkeit dieses Goetz-Zitats einer fundierten Untersuchung nicht standhält und auch mit keinerlei exakten Zahlen belegbar ist.
Alles klar? Und nun verlassen Sie bitte augenblicklich unseren Lehrsaal, bevor wir unsere idiotischen Studien weiterführen und aus Ihren Mienen zu deuten versuchen, von wem wir in diesem Seminar hauptsächlich umgeben waren.
An dieser Stelle schreibt unser Turmschreiber