Augsburg – Monatelang war von Bertram Meier stets mit Einschränkungen die Rede: Der „künftige“ Bischof wurde er seit seiner Ernennung am 29. Januar betitelt, der „designierte“, „baldige“ und der „in spe“. Nachdem die für den 21. März geplante Weihe Corona-bedingt verschoben worden war, ging es so erst einmal weiter. Doch seit Samstag ist der 59-Jährige nun tatsächlich Bischof von Augsburg – ohne Zusätze. Vorsätze hat er allerdings.
So hatte Meier unlängst angekündigt, die Rolle der Frau in der Kirche stärken zu wollen. Kaum, dass er geweiht war, tat der neue Bischof kund, sein Bischofshaus bekomme eine Amtschefin: Als erste Frau solle ab 1. Juli die 43-jährige Ordensfrau Anna Schenck von der Congregatio Jesu diesen Posten übernehmen. Zudem erklärte Meier, der frühere Generalvikar Harald Heinrich (53) werde auch der neue sein.
Bertram Meier wäre indes nicht Bertram Meier, wenn er bloß nüchtern personelle Weichenstellungen verkündet hätte. Stattdessen machte er seinem Ruf als Frohgemüt alle Ehre und witzelte: „Heute ist kein Maskenball, sondern ein Glaubensfest.“
Damit spielte er darauf an, dass der Weihegottesdienst alles andere als normal ablief. Zu Meiers Ernennung hatten sich noch 1000 Gläubige in den Augsburger Dom gedrängt – jetzt waren es Corona-bedingt gerade mal rund 180, die mit Abstand zueinander in der Kathedrale verteilt wurden. Jeder Gast hatte sich zuvor beim Hereinkommen die Hände desinfizieren und einen Mund-Nase-Schutz aufziehen müssen.
Viel Platz blieb also frei. Doch die, die da waren, beteten und sangen umso lauter. Und Bertram Meier machte aus der Not eine Tugend, als er einem der Ehrengäste, Bayerns Ministerpräsidenten Markus Söder, eine Gesichtsmaske in den vatikanischen Farben Gelb und Weiß andiente. Söder revanchierte sich, indem er Meier ein Gegenstück in blau-weißen Freistaat-Rauten versprach.
Zuvor hatte der Münchner Kardinal Reinhard Marx gepredigt, ein Bischof müsse gerade in der Corona-Zeit klarmachen: „Es geht zuerst um das Evangelium, um Gott – und nicht um die Kirche oder die Frage, ob die Kirche systemrelevant sei.“ Das Reich Gottes sei kein Produkt. „Wir stellen es nicht her, sondern wir bezeugen es, das ist unsere Verpflichtung. Das Reich Gottes ist da, wo Liebe, Vergebung und Versöhnung da sind.“ Dann legten Marx sowie der Botschafter des Papstes in Deutschland, Nikola Eterovic, und der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick Meier zur Weihe die Hände auf. Meier wurde das Haupt mit Chrisam gesalbt, er bekam die Insignien überreicht: Bischofsring, Mitra, Hirtenstab. Schließlich nahm er auf der Kathedra Platz, dem offiziellen Stuhl des Bischofs.
Georg Bätzing begrüßte ihn als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz: „Du bist ein Mann, der Antworten geben kann, ein Mensch mit seelsorglichem Herzen, mit einem Herzen für die Menschen und deren Fragen, ein Mensch mit ökumenischem Herz, mit römischer und weltkirchlicher Erfahrung.“ Meier möge seine Erfahrungen und sein Herz in die Bischofskonferenz einbringen. In diesem Moment brach draußen der Wolkenhimmel auf, die Sonne schien plötzlich hell in den Dom hinein. Applaus kam auf und Meier dem Redner fast zu nahe, als er sich bedanken wollte: Im letzten Moment zuckte der neue Bischof vor einer Umarmung Bätzings zurück, die beiden klopften sich auf die Arme.
Corona sorgte nicht nur für diese Szene, sondern auch dafür, dass Bertram Meiers 89-jährige Mutter nicht im Dom sitzen konnte. Meier winkte ihr am Ende in die Kamera des Bayerischen Rundfunks, der die Weihe live übertrug. Immerhin: Meiers Schwester konnte trotz der Pandemie-Beschränkungen aus Paris anreisen. Mit ihr und weiteren Vertrauten wollte sich der neue Bischof nach dem Gottesdienst zusammensetzen „Biergarten-like, mehr ist nicht drin“, sagte er. 2021 aber solle es ein großes Volksfest geben. Abwarten ist Meier ja gewohnt.