Der Schul-Fahrplan bis Weihnachten

von Redaktion

VON DIRK WALTER

München – Die Kitas öffnen am 1. Juli für alle Kinder. Die Schulen aber nicht. Dort soll es in den verbleibenden gut vier Wochen bis zum Beginn der Sommerferien Ende Juli weiter Schichtbetrieb geben – in einer Woche darf die eine Hälfte der Klasse in den Unterricht, in der nächsten Woche die andere Hälfte. Die Grünen im Landtag wie auch gestern die SPD laufen Sturm gegen diese Regelung: „Der normale Präsenzunterricht sollte immer oberste Priorität haben – und das nicht erst nach den Sommerferien“, erklärt die bildungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion Simone Strohmayr. „In Gebieten mit wenigen Corona-Fällen hätte man längst zum Regelbetrieb übergehen können.“

„Wir haben uns für behutsame Schritte entscheiden“, verteidigt Kultusminister Piazolo (FW) seine Entscheidung, vor den Ferien keine weiteren Lockerungen anzustreben. Er begründet das mit der Planbarkeit in den Schulen. „Schulen sind vergleichbar mit einem großen Tanker, da steuert man auch nicht jede Woche leicht um.“ Er habe das auch mit allen großen Verbänden besprochen. Auch in den Sommerferien will Piazolo die Lehrer trotz der großen Lernrückstände von Schülern nicht in die Schulen holen. Er plant stattdessen, zusammen mit dem Bayerischen Jugendring freizeitpädagogische Ferienangebote für Erst- bis Sechstklässler anzubieten. Eine Abfrage unter Eltern, wer das wahrnehmen würde, beginnt dieser Tage.

Das Angebot ist deutlich geringer als etwa im österreichischen Tirol, wo die Schüler Corona-Lernrückstände zwei bis vier Wochen lang mit Lernbetreuung am Vormittag und betreuter Freizeit am Nachmittag aufholen können. Lehrer, die sich freiwillig melden, werden dafür extra entlohnt. Kein Wunder, dass die Grünen das Angebot in Bayern als ungenügend bezeichnen. Sie verlangen „Betreuung und Bildung“, also das Nachholen des Stoffes für alle Schüler, „nicht nur für die, die auf Probe vorrücken“, wie Schulexpertin Gabriele Triebel betonte.

Erst nach den Ferien ab dem ersten Schultag (8. September) plant Piazolo Regelbetrieb. Er spricht von einem „Szenario A“. Dieses sieht einen neuen Hygieneplan vor. Das Abstandsgebot wird dann fallen, eine Maskenpflicht wird es ebenfalls nicht geben. Es soll Corona-Tests für Lehrer geben. Auch sollen verstärkt diejenigen Lehrer in die Schulen reingeholt werden, die jetzt zu Risikopersonen zählen und deshalb daheim blieben dürfen. Bayern leistet sich hier eine sehr großzügige Regelung, mehr als zehn Prozent der Lehrer sind derzeit zuhause. Piazolo deutete an, dass die über 60-Jährigen hier künftig ein Attest benötigen. Auch schwangere Lehrerinnen – derzeit unisono befreit – müssen wohl in die Schulen zurückkehren.

Trotzdem wird es Personalengpässe geben. An den Gymnasien will der Minister daher zum Beispiel den Wahlunterricht reduzieren. Da gibt es beispielsweise an den Gymnasien eine ganze Reihe von Angeboten – von Eishockey über Designkurse, Leseclubs oder Modellbau. All diese Wahlkurse, die ja von Lehrern betreut werden, dürften rigoros zusammengestrichen werden. Das ist auch notwendig, weil auf die Lehrer nach den Ferien zusätzliche Aufgaben zukommen: sie sollen Förderunterricht in Kernfächern anbieten – für Schüler, die nur auf Probe vorrücken, und das bis zu 13 Wochen lang, also bis zu den Weihnachtsferien.

Es könnte aber auch alles anders kommen – dann nämlich, wenn in Bayern nach den Ferien eine zweite Corona-Welle eintrifft. Auch dafür sollen die Schulen mit weiteren Szenarien gewappnet sein. Piazolo sagt: Schlimmstenfalls müssten Schulen wieder flächendeckend geschlossen werden – dann würde das „Homeschooling“, das viele nervt, noch viele Wochen weitergehen.

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