Das Höfesterben in Bayern ist gebremst

von Redaktion

VON CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER

München – Es ist einer dieser zentimeterdicken Berichte, in denen man nach guten Nachrichten lange blättern muss. Heute legt Agrarministerin Michaela Kaniber (CSU) dem Landtag den neuen großen Agrarbericht 2020 vor. Das Werk analysiert alle zwei Jahre die Lage der Branche im Detail. Kurz gesagt: Es geht nicht aufwärts, aber wenigstens auch nicht steil bergab.

Der Strukturwandel ist in den vergangenen zwei Jahren etwas gebremst worden, geht aus den Daten hervor, die am Dienstagabend aus dem Landtag durchsickerten und unserer Zeitung vorliegen. Pro Jahr haben 0,7 Prozent der Betriebe aufgegeben, in den früheren Jahren war es mindestens 1 Prozent, auf Bundesebene sogar 3,9. Aktuell gibt es in Bayern noch 105 300 Bauernhöfe.

Gut 30 Hektar bewirtschaftet jeder Hof im Schnitt. Der Trend ist unverändert: Die Höfe werden größer, um überleben zu können. Jetzt hat Bayern fast 5500 Höfe über 100 Hektar. 1990 waren es nach diesem Maßstab nur 762 Groß-Höfe. Die Zahl der „kleinen“ Betriebe (darunter zählt die Statistik alles bis fünf Hektar) ist allerdings leicht gestiegen, es sind rund 22 000. Im Schnitt liegen die kleineren Höfe übrigens in Oberbayern, die größten in Unter- und Oberfranken. Insgesamt kümmern sich Bayerns Landwirte um 46,4 Prozent der Landesfläche, weitere 35,3 Prozent sind Wald.

136 Milliarden Euro Umsatz macht die Branche in Bayern, beschäftigt alles in allem rund eine Million Menschen. Das klingt nach viel und wirkt stabil – für einen Wirtschaftszweig, der von den Debatten um Tierwohl, Klimawandel, Forschung, Beihilfen und jetzt Corona massiv beeinflusst wird. Wenn Kaniber heute das dickste Datenwerk der bayerischen Landwirtschaft vorlegt, wird es aber immer um Mittelwerte gehen – da schauen Einzelschicksale der Betriebe teils ganz anders aus. Auch beim Geld: Der Gewinn der Unternehmen liegt aktuell bei rund 54 700 Euro. Verglichen mit dem statistisch guten Abschluss von 2018 ist das ein unschöner Knick, aber dennoch mehr als in den anderen Vorjahren.

Die Umsatz-Details für Oberbayern: gut 40 Prozent der Verkaufserlöse erzielen die Bauern mit Milch (deutlich mehr als im Rest Bayerns), 15 Prozent mit Rindern und Kälbern, jeweils einstellig die Werte für Schweinezucht, Getreide, Gemüse, Kartoffeln und Eier. Auch da gibt es Verschiebungen. Die Zahl der Rinderhalter ist in Bayern stark auf knapp 43 000 gesunken, 6,2 Prozent Minus im Vergleich zu 2017 – und aktuell rund 3 Millionen Rinder. Fast zehn Prozent Minus sind es bei den Milchkuhhaltern (noch 27 500 Halter mit 1,13 Millionen Tieren).

Die Pachtpreise steigen, nach jüngsten Zahlen sind es 338 Euro pro Hektar. Die Kaufpreise für landwirtschaftliche Grundstücke (ohne Gebäude) springen auf fast 65 000 Euro pro Hektar. Das ist allerdings ein rein statistischer Wert – regional sind die Unterschiede extrem. Im Landkreis München sind es über 317 000 Euro, in Rosenheim und Traunstein rund 100 000, im Kreis Rhön-Grabfeld nicht mal 20 000 Euro.

Neugierig macht übrigens der detaillierte Blick auf die Karten. Die Landkreise, die am stärksten von Landwirtschaft geprägt sind, liegen im Münchner Umland. In Erding sind fast 70 Prozent der Gebietsfläche landwirtschaftlich genutzt, in Dachau 65,3 Prozent, in Freising 63,1 Prozent, in Ebersberg nur 47,8 und in Starnberg 31,3. Ganz im Süden an den Alpen sind die Zahlen natürlich niedriger. Problem aller Daten: Sie reichen bis Ende 2019, also bilden die Zeit ab vor Corona – mit der historischen Krise und dem vielleicht auch neuen Bewusstsein für gesunde, regionale Ernährung.

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