Berg/Starnberg/München – Wie es im Kreißsaal wird, ob sie es aushält, während der Geburt ihres dritten Kindes eine Maske zu tragen, das weiß Anna K. noch nicht. „Ich kann mir das nicht vorstellen, man muss doch Luft bekommen“, sagt die 40-Jährige. Es ist das dritte Kind der Starnbergerin, sie weiß im Prinzip, was auf sie zukommt. „Ich mache mir da jetzt im Vorfeld keine Gedanken, das kommt, wie es kommt“, sagt sie. Allerdings bedauert sie, dass auf die Wochenbettstation im Krankenhaus in Starnberg dann nur ihr Mann zu Besuch kommen darf, nicht aber ihre anderen beiden Kinder. „Das ist doch schade, dass sie ihren kleinen Bruder nicht gleich besuchen dürfen“, sagt sie.
„Eine Maske zu tragen, ist kein Weltuntergang“, sagt Irmi Müller-Gorman aus Berg (Kreis Starnberg). Sie leitet seit 2013 die „Praxis Kleines Wunder“, in der zunächst in Berg, später in München, Mütter und Babys allerlei Unterstützung erhalten. „Generell gilt in Kliniken Mundschutzpflicht, aber ich bin sicher, dass jede Klinik es Gebärenden gestattet, den Mundschutz abzunehmen, wenn er die Geburt beeinträchtigt“, sagt sie. Inzwischen seien auch Väter zumindest während der Geburt im Kreißsaal zugelassen.
„Es ist nicht viel anders als vor Corona, es ist wichtig, den werdenden Müttern ihre Ängste zu nehmen“, sagt Müller-Gorman, die sich zurzeit im Corona-Sondereinsatz befindet: Sie arbeitet jetzt für drei Monate auf der Kinderintensivstation im Klinikum München-Schwabing. „Ich wollte verhindern, dass es wegen Corona einen Personalnotstand gibt“, erklärt sie. Aus Gesprächen mit Hebammen weiß sie, dass Geburten auch während der Pandemie gut betreut werden können.
Die Angst vor der Geburt ist geringer, wenn die Frauen wissen, dass sie während der Geburt ihren Partner an der Seite haben dürfen, sagt Petra Bönnemann, Sprecherin im Münchner Klinikum Dritter Orden. „Eine gute Nachricht für die Väter ist, dass sich die Lage mittlerweile entspannt hat und die Väter auch wieder zu ihren Frauen dürfen, wenn sie im Wochenbett liegen“, sagt sie. Die Kliniken in Bayern handhaben die Corona-Regeln für den Kreißsaal unterschiedlich. Viele werdende Mütter haben Angst vor einer Maskenpflicht bei der Entbindung.
Der Hebammenverband Deutschland schreibt in einer Stellungnahme, das Tragen einer Maske reduziere die Verbreitung von Aerosolen und verringere damit das Infektionsrisiko für die Hebamme, Ärztin oder Arzt. Weil so während der Geburt der Austausch der verbrauchten Atemluft gegen frische Luft, die für die Schmerzlinderung und die Verarbeitung von Wehen wichtig sei, erschwert wird, können die Frauen die Masken abnehmen, wenn es nicht mehr anders geht.
„Man sollte den Mundschutz nach Möglichkeit tragen, um die Hebammen und das Kreißsaalteam zu schützen“, sagt Mechthild Hofner, die Vorsitzende des Bayerischen Hebammen Landesverbandes. Das Ansteckungsrisiko im Kreißsaal sei hoch, da die Frauen unter der Geburt mit Druck ausatmen und dabei Aerosole produzieren. „Damit die Hebammen für die Versorgung mehrerer Mütter zur Verfügung stehen, ist es wichtig, dass sie geschützt sind.“
Denn oftmals betreuten Hebammen und Ärzte auch mehrere Gebärende parallel – und da gelte es, zu verhindern, dass mögliche Ansteckungen übertragen werden. Muss eine Gebärende die Maske doch abnehmen, setzt die Hebamme eine FFP2-Maske auf. In der Regel würden die Frauen getestet. Liegt nach vier Stunden ein negatives Ergebnis vor, sei eine Geburt ohne Maske auch nicht mehr so kritisch.
In manchen Fällen, etwa bei einer Sturzgeburt, sei es allerdings nicht möglich, noch im Kreißsaal auf Covid-19 zu testen und entsprechend das individuelle Risiko der Schwangeren einzuschätzen, sagt Hofner. Auch in den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts heißt es: „Das Tragen von medizinischem Mund-Nasen-Schutz durch die Patientinnen in Situationen, in denen ein Kontakt oder eine Begegnung zu anderen Personen wahrscheinlich ist“, könne erforderlich sein. Jedenfalls „soweit dies toleriert werden kann“.
Anna K., deren Geburtstermin kurz bevorsteht, kann sich Presswehen mit Mundschutz nicht vorstellen. „Auch wenn Corona ein Ausnahmezustand ist, eine Geburt ist das auch – für jede Frau. Und auch darauf muss man Rücksicht nehmen.“