Aiwangers Ausflugstipps

von Redaktion

VON PETER REINBOLD

Garmisch-Partenkirchen – Politiker nutzen das Olympiaskistadion von Garmisch-Partenkirchen – und ganz besonders die Große Schanze – häufig als Bühne, um wichtige Dinge von ganz oben zu verkünden. So haben’s schon Horst Seehofer und Markus Söder gehalten. Was dem ehemaligen und derzeitigen Ministerpräsidenten recht war, ist auch Hubert Aiwanger (Freie Wähler) billig – vor allem, weil sich neben Botschaften auch noch schöne Bilder transportieren lassen. An der Stelle, von der aus die Skispringer in die Spur rutschen, sprach Bayerns Wirtschaftsminister darüber, was seiner Meinung nach zu tun ist, damit die Urlaubsziele am Alpenrand von Oberstdorf bis Berchtesgaden, die derzeit von Feriengästen, Tagestouristen und Ausflüglern überrannt werden, nicht weiter leiden müssen. „Wir müssen die Ströme besser lenken und dafür sorgen, dass nicht jeder dieselben Gedanken hat und sich nicht alle an ihrem Wunschort treffen.“

Eine Patentlösung hat Aiwanger allerdings nicht parat. Aber gute Tipps. Er pries die Ausflugsapp und brachte Verkehrsleitsysteme ins Spiel. So könnten zum Beispiel digitale Hinweisschilder bereits am Münchner Luise-Kiesselbach-Platz den Autofahrern mitteilen, dass der Eibsee-Parkplatz in Grainau besetzt ist und es sich nicht lohnt, ihn anzusteuern. „Der Ausflügler soll wissen, was ihn erwartet.“ Dem Vorschlag Aiwangers, weitere Flächen als Parkplätze auszuweisen, erteilte Garmisch-Partenkirchens Bürgermeisterin Elisabeth Koch (CSU) eine Absage, „weil wir schlicht und ergreifend keine haben“ und zusätzlicher Parkraum weitere Ausflügler anziehen würde. Sie zeigte Aiwanger den Garmisch-Partenkirchner Grüngürtel. „Auf den können wir nicht verzichten.“ Vom Ausnahmezustand, der an einem ganz normalen Wochentag auf dem Parkplatz vor dem Skistadion herrscht, den auch Besucher der Partnachklamm nutzen, konnte sich Aiwanger gestern ein Bild machen. Bereits um 11 Uhr fand sich keine freie Stellfläche mehr. „Das ist seit Wochen so“, sagte Koch.

Den Kommunen Vorschriften zu machen, hat Aiwanger nicht vor. Bei der Umsetzung von Maßnahmen, die helfen können, die Besucherströme zu entzerren, bot er, wenig konkret, „Hilfe vom Freistaat an“. Von ihren Sorgen und Nöten, die der Corona-bedingte Ansturm auf die oberbayerischen und schwäbischen Urlaubsdomizile ausgelöst hat, hatten Bürgermeister und Landräte aus der Alpenregion dem Wirtschaftsminister intern in großer Runde berichtet. „Die Belastungsgrenzen sind erreicht“, meinte Garmisch-Partenkirchens Landrat Anton Speer (Freie Wähler), Oberstdorfs neuer Bürgermeister Klaus King, als ehemaliger Direktor des Hotels Kranzbach bei Krün tourismuserfahren, beschrieb die Situation in dem Ort, den im Schnitt pro Jahr 1,5 Millionen Tagesgäste besuchen, „als so schlimm wie nie“.

Die Stimmung der Menschen, die in den touristischen Hotspots zu Hause sind, ist schlecht. Sie sehen ihre Heimat bedroht und leiden unter der Situation. „Die Einheimischen brauchen Lebensraum“, meint Josef Niedermaier, der Landrat des Kreises Bad Tölz-Wolfratshausen. Vor allem, so Niedermaier und Koch, sollten die Gäste weniger egoistisch sein. „Die Freiheit des Einzelnen hört dort auf, wo die Freiheit eines anderen beginnt“, sagt Koch. „Das muss in die Köpfe. Wir leben von den Touristen, aber die müssen sich auch an Regeln halten.“

Gemeinsam mit dem Kochler Bürgermeister Thomas Holz hatte Koch in den zurückliegenden Wochen auf die Situation hingewiesen und ein Umdenken angemahnt. Sie hatte sich nicht gescheut, drastische Worte zu wählen und beschrieb die Lage „als eine Katastrophe für Mensch und Natur“.

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