Elf Blühfelder zum Geburtstag

von Redaktion

VON CLAUDIA MÖLLERS

München – Dill, Fenchel, Kümmel, Kornblumen und vor allem viel gelber Klee blühen derzeit auf dem 8400-Quadratmeter-Areal, das Josef Holzner in Neufahrn (Kreis Freising) für Bienen, Hummeln und Co. reserviert hat. Für gut 5830 Quadratmeter der Fläche hat der 27-Jährige, der den 50-Hektar-Ackerbaubetrieb mit seinem Vater im Nebenerwerb führt, Paten gefunden, die mit 40 bis 60 Cent pro Quadratmeter eine Blüh-Patenschaft übernommen haben.

Josef Holzner gefällt die Idee von den Blühwiesen. „Wir bieten dreijährige Blühpatenschaften in verschiedenen Größen an und schaffen gezielt Lebensräume für Wildbienen und andere wichtige Insekten sowie für Wildtiere und Vögel in unmittelbarer Stadtnähe, indem wir Ackerland in Bienenwiesen umwandeln“, erklärt er. Der junge Landwirt, der im Hauptberuf bei einer Versicherung arbeitet, ist im vergangenen Jahr in Vorleistung getreten, hat das Saatgut gekauft und dann Paten gesucht. 40 fand er im ersten Jahr, heuer sind noch 20 hinzugekommen. Für das kommende Jahr will er noch zwei weitere Flächen anbieten.

Die Patenschaften haben einen doppelten Wert: Einerseits locken die Wiesen zahlreiche Insekten an, die dort Nahrung finden, „aber man kommt auch mit den Leuten ins Gespräch“. Es gebe einen großen Informationsbedarf und viele Fragen – „zum Beispiel, warum im April noch nicht 25 verschiedene Blumen bunt blühen“. Dann erklärt Holzner den Paten, dass das der natürliche Ablauf ist und die Arten unterschiedliche Blühperioden haben. Die Tierwelt nehme es gut an: Wildbienen, Hummeln, verschiedene Schmetterlinge, Grillen und Zikaden wuselten durch die Wiese. Holzner bietet seine Patenschaften bewusst für drei Jahre an – dann können zum Beispiel auch Wildbienen in der Erde ihr Nest bauen.

Eine zu kurze Vergabe kritisiert nämlich der Landesbund für Vogelschutz (LBV): Naturschutzfachlich seien Blühflächen erst ab fünf Jahren sinnvoll. Einjährige Flächen brächten nichts, weil die Insekten über den Winter wieder sterben. Michael Stiller, Geschäftsführer des Bayerischen Bauernverbands Kreisverband Donau-Ries, erklärt das Dilemma der Bauern. Sie würden „liebend gern“ die Flächen gleich für fünf Jahre vergeben – doch dafür fehlten ihnen die Mittel. Und genügend Paten, die mitmachen. „Trotzdem erfüllt die Fläche von einjährigen Pflanzen voll und ganz ihren Zweck, denn sonst würden sie von den Insekten nicht so angenommen – zurzeit brummt es in den Flächen, das ist die wahre Pracht.“

Sein Kreisverband hat im vergangenen Jahr 181 Patenschaften auf fünf Hektar vermittelt. Heuer sind es nur noch 131. „Die Leute sind ein bisserl müde geworden“, bedauert Stiller. Er befürchtet, dass sich die Verbraucher wieder ein Stück zurücknehmen, weil das Artenschutzgesetz ja „durch“ sei. Trotzdem ist er von den Blüh-Patenschaften überzeugt: „Es funktioniert, wird von der Natur angenommen und jeder kann damit einen kleinen, positiven Beitrag leisten. Es ist in der Summe eine tolle Sache für unsere Bienen und für die Biodiversität.“ Der Kreisverband Donau-Ries hat eine neue Idee, Investoren für Blühflächen zu finden. So könnten Kommunen anstelle von Ausgleichsflächen für Bauvorhaben in einen Fonds einzahlen, aus dem gezielt Kompensationsflächen entlang von Gewässern oder sensiblen Bereichen finanziert würden. Zurzeit suche jede Gemeinde für ihre Bauvorhaben Ausgleichsflächen „irgendwo in der Natur – wild durcheinander“. Das könne man besser koordinieren.

Helmut Schmidt hatte seine 43 Blühpaten am Wochenende auf seinen Hof in Wolframs-Eschenbach (Landkreis Ansbach) eingeladen. Darunter auch einen ganz besonderen Kunden. „Er kam im Frühjahr und fragte, ob ich noch freie Felder habe“, erzählt der 53-Jährige. Seine Frau, die umweltpolitisch stark engagiert sei, habe am 11. April Geburtstag – und er wolle ihr elf Blühfelder schenken: „Immer einen neuen Ring zu schenken wäre auch langweilig.“ Die Beschenkte hat ihre Felder schon häufiger besucht, kam auch mit zum Blühpatenfest. Ein Blumenpräsent zum Geburtstag der ganz besonderen Art – an dem auch noch die Natur ihre Freude hat.

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