Schlossbesichtigung nur mit Vorplanung

von Redaktion

VON NINA PRAUN

München – Bayerns Schlösser haben seit einigen Wochen wieder geöffnet, doch das größte Tourismus-Geschäft ist noch nicht wieder angelaufen. Eigentlich ein perfekter Zeitpunkt, sich als Gästeführer die Sehenswürdigkeiten mal wieder ganz privat anzuschauen, denkt Richard Obermaier. Es ist Sonntagmorgen, seine Wahl fällt auf Schloss Linderhof, denn dort war seine Tochter noch nie. Obermaier klickt wie gewohnt das Reservierungssystem im Internet an. Doch das ist abgeschaltet. Also ruft er direkt beim Schloss an. Telefonische Reservierungen sind leider auch nicht möglich, heißt es am Telefon, aber er solle einfach vorbeikommen, das sei gar kein Problem.

Obermaier packt also seine Ehefrau, seine Tochter und deren Freund ins Auto und fährt los, von Hechendorf am Pilsensee im Kreis Starnberg nach Schloss Linderhof im Kreis Garmisch-Partenkirchen – über eine Stunde Fahrt. Kurz vor zwölf ist die Familie am Ziel, doch an der Kasse angekommen, erfahren sie, dass es Tickets nur für einen Eintritt um 16.15 Uhr gibt. Heißt: über vier Stunden Wartezeit. Die Familie fährt enttäuscht wieder nach Hause.

Richard Obermaier ist deshalb stinksauer. „Und ich war dort nicht der einzige verärgerte Kunde“, betont er. Der 59-Jährige ist seit zehn Jahren Gästeführer. Er bringt seine Kunden gern zu den bayerischen Königsschlössern und war dabei immer begeistert von den Online-Ticketsystemen. „Das war super“, berichtet er. „Da konnte man genau sehen: Zu welchen Zeiten ist morgen noch etwas frei? Ich habe meine Gruppen einfach immer im Voraus eingebucht.“ Dass das System gerade in Corona-Zeiten nicht funktioniert, ist für ihn nicht nachvollziehbar.

Auf Anfrage erklärte die Pressestelle der Bayerischen Schlösserverwaltung, dass in den ersten Tagen nach der Wiederöffnung die Verwaltung „den für die Zeiten der Corona-Pandemie neu konzipierten Führungsbetrieb einführen“ musste. „Um flexibel auf notwendige Änderungen im Ablauf der Besichtigungen reagieren zu können, konnten für die ersten Tage nach Wiederöffnung teilweise keine Reservierungen vorgenommen werden.“ Da zudem wegen des Mindestabstands weniger Besucher als sonst eingelassen werden können, hätten sich vor Ort teilweise Wartezeiten ergeben. „Die dabei entstandenen Unannehmlichkeiten bedauern wir“, schreibt die Verwaltung.

Mittlerweile läuft die Online-Ticket-Reservierung bei Linderhof wieder, doch man muss mindestens eine Woche im Voraus planen. Andere Schlösser haben nur die Tageskasse geöffnet (siehe Kasten), bei einigen Sehenswürdigkeiten heißt es schon auf der Internetseite: „Bitte rechnen Sie mit Wartezeiten und Einschränkungen.“

Wegen seines verpatzten Ausflugs hatte Obermaier eine Beschwerde-Mail an die Schlösserverwaltung geschickt. Er bekam jedoch keine Antwort. Eine Sprecherin erklärte gegenüber unserer Zeitung, er habe keine Antwort bekommen, weil seine Wortwahl so unfreundlich war. In der E-Mail stand etwa im Betreff: „An Dummheit nicht zu überbieten“. Obermaier ist mit dieser Erklärung jedoch nicht zufrieden. „Klar war ich verärgert“, sagt der Gästeführer. „Aber dazu stehe ich. Denn das ist doch auch deren Job: sich um saure Kunden zu kümmern.“

Artikel 9 von 11