Der Sommer der etwas anderen Seelsorge

von Redaktion

München – Eigentlich sollte Pfarrer Robert Gonzales aus Tucson/Arizona im August wieder Urlaubsvertretung im Pfarrverband Steinzell (Landkreis Landshut) machen. Seit 1999 ist der gebürtige Kalifornier fast jedes Jahr in Niederbayern, zelebriert dort die Gottesdienste, steht als Seelsorger zur Verfügung – und perfektioniert seine Deutschkenntnisse. „Aufgrund der erschwerten Einreise- und Quarantänebedingungen kann Pfarrer Gonzales in diesem Jahr nicht kommen“, bedauert Verwaltungsleiterin Stephanie Brucks.

Grundsätzlich gilt für alle Pfarrgemeinden im Erzbistum München und Freising: „Bei uns macht in diesem Sommer wirklich kein Priester Urlaubsvertretung, der nicht aus der Erzdiözese stammt“, erklärt Ursula Hinterberger von der Pressestelle des Ordinariats. Im vergangenen Jahr waren noch 94 auswärtige Priester zur Aushilfe vorwiegend in den Sommermonaten im Erzbistum im Einsatz.

Doch das heißt nicht, dass der Pfarradministrator im Pfarrverband Steinzell, der indische Pater Vincent Kumar OSFS, und die pastoralen Mitarbeiter heuer keinen Urlaub machen können. „Wir werden uns behelfen und haben eine Ferienplanung mit Haupt- und Ehrenamtlichen aufgestellt“, erklärt Verwaltungsleiterin Brucks. Ehrenamtliche, das sind in diesem Fall die Wortgottesdienstleiter. Und so wird es in den Pfarrgemeinden Ast, Buch am Erlbach, Eching und Zweikirchen mit insgesamt 7400 Katholiken bis Ende September nicht jeden Sonntag eine Eucharistiefeier geben, sondern auch von Ehrenamtlichen geleitete Wortgottesdienste. Auch unter der Woche.

Das wird in vielen Pfarrgemeinden in der Erzdiözese so geregelt. Ursula Hinterberger versichert: „Das pastorale Leben wird gut aufrechterhalten.“ Erstens kämen Urlaubsvertretungen aus dem Ausland nur für diejenigen Pfarrer und Pfarradministratoren infrage, die im Erzbistum keine reguläre Vertretung haben. Und diese seien in diesem Jahr nun gebeten worden, Vertretungen durch Absprachen vor Ort zu gewährleisten und sich insbesondere im Dekanat gegenseitig zu unterstützen.

Drüber hinaus gilt nach wie vor die Befreiung von der Sonntagspflicht durch Kardinal Reinhard Marx wegen der Corona-Krise, wodurch viele Gottesdienstformen statt der regulären Sonntagsmesse stattfinden.

Was die einen Gläubigen bedauern, wird von anderen als Bereicherung des Gemeindelebens erlebt. So finden im Pfarrverband Steinzell etwa Kindergottesdienste in Pfarrgärten statt, was gut angenommen werde. Nach dem kompletten Herunterfahren der Gottesdienste seien die Menschen nun froh und bereit, sich auf andere Formen einzulassen. „Die Gemeinde will aktiv mitgestalten“, sagt Brucks. „Diese Schockstarre ist überwunden. Man lernt damit zu leben und die Gläubigen fragen sich, wie man trotzdem schöne Feiern gestalten kann, die allen in der Seele guttun. Not macht erfinderisch.“

In der Corona-Zeit habe sich in ihrem Pfarrverband deutlich gezeigt, dass Kirche doch systemrelevant sei. „Die Leute brauchen das Gefühl, aufgehoben zu sein. Sich umeinander zu kümmern, das hat noch mehr an Bedeutung gewonnen.“

Sich umeinander zu kümmern – das betrifft auch Pfarrer Gonzales im fernen Arizona. Es wird regelmäßig gemailt. Bis zuletzt hatte man im Pfarrverband gehofft, dass der ehemalige Philosophieprofessor im Sommer wieder kommen kann. Stephanie Brucks weiß zumindest, dass es dem treuen Vertretungspfarrer gut geht. In Arizona sei das Virus derzeit nicht so schlimm verbreitet. Aber der Umgang mit der Pandemie sei ihm in den USA zu locker.

1999 war Gonzales zum ersten Mal als Urlaubspriester in der Pfarrei St. Peter in Buch am Erlbach. „Ich habe eine große Liebe zu Bayern. Wenn ich als Vertretung hier bin, bedeutet das für mich auch Erholung“, sagte er einmal. Sein einziger Kritikpunkt: „Es gibt so viel zu essen und zu trinken. Meine Hosen sind enger geworden!“ Im Herbst will Gonzales seinen Besuch nachholen. Aus einer Urlaubsvertretung ist Freundschaft geworden. VON CLAUDIA MÖLLERS

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