München – In dieser Woche reisen die Erntehelfer auf dem Betrieb von Manfred Wolf in Ebersried (Kreis Dachau) ab. Gerade werden noch die letzten Erdbeeren gepflanzt, dann ist bei Familie Wolf die Spargel- und Erdbeerzeit für dieses Jahr vorbei. „Ich muss sagen: Heuer bin ich besonders froh, dass es alle gesund überstanden haben“, sagt der Landwirt.
Erst ein Spargelhof im Landkreis Aichach-Friedberg, jetzt der Gemüsehof im niederbayerischen Mamming: Betriebe mit Erntehelfern drohen nach einem Corona-Ausbruch schnell zum Hotspot für die Region zu werden. „So einen Ausbruch wünscht sich natürlich niemand“, sagt Wolf. Deshalb habe er in diesem Jahr eine ganze Reihe von Maßnahmen ergriffen, um Mitarbeiter und Familie vor einer Infektion zu schützen. Die zu den arbeitsreichsten Zeiten rund 40 Erntehelfer waren bei ihm heuer statt in Dreier- und Vierergruppen zu zweit untergebracht. „Wir haben zum Glück zwei Hofstellen, da können wir das ganz gut entzerren“, sagt Wolf. Zudem habe er zusätzliche Container, Fahrzeuge und eine zweite Sanitäreinheit angeschafft, sodass sich die Arbeitsgruppen nicht vermischen. Immer wieder habe er seinen Mitarbeitern ins Gewissen geredet, dass sich die Gruppen auch nach Feierabend nicht achtlos zusammensetzen sollen. „Der Aufwand ist nicht zu unterschätzen“, sagt Wolf.
Und trotzdem: 100 prozentige Sicherheit gebe es nicht. „Wir sind ein Direktvermarkter, bei uns gehen die Kunden am Hof ein und aus“, sagt Wolf. Auch die Erntehelfer könne man nicht einfach permanent isolieren. „Natürlich gehen die Leute auch mal zum Supermarkt.“ Gewisse Kontakte vom Hof zur Außenwelt bleiben unvermeidbar.
Manfred Wolf jedenfalls fürchtet, dass ihn und seine Erntehelfer im kommenden Jahr noch mal eine ähnliche Situation droht. „Wir werden uns darauf einstellen müssen. Das wird eine große Herausforderung, aber mit einer gewissen Routine kann man es meistern.“
Wie das Coronavirus auf den Gemüsehof in Mamming kam, ist weiter unklar. Doch die Staatsregierung hat angekündigt, dass nun sämtliche Erntehelfer in Bayern getestet werden sollen. Wie viele das überhaupt sind, ist schwer zu ermitteln. Laut der Landwirtschaftszählung von 2016 waren damals 37 400 Saisonarbeitskräfte in Bayern im Einsatz. Heuer soll die aktualisierte Zählung veröffentlicht werden. Im Rahmen der sogenannten Luftbrücke wurden heuer deutschlandweit bis zum 15. Juni rund 40 000 Erntehelfer eingeflogen. Die Reihentests auf den Bauernhöfen sind bereits am Wochenende angelaufen (siehe Text unten). Zudem sollen die Betriebe häufiger kontrolliert und bei Verstößen härter bestraft werden, hatte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) angekündigt.
Doch für Oskar Brabanski vom Deutschen Gewerkschaftsbund reichen diese Ankündigungen nicht aus. Er klärt an der Beratungsstelle „Freie Mobilität“ Saisonarbeiter über ihre Rechte auf. Und er sagt: „Ich bin in letzter Zeit auf vielen Höfen in Niederbayern unterwegs gewesen. Und ich muss sagen: In den meisten Fällen hat es kein erkennbares Hygienekonzept gegeben.“ Die Arbeiter würden den Tag über von Feld zu Feld gefahren. „Oft haben sie nicht einmal die Möglichkeit, sich dabei irgendwo die Hände zu waschen – von Desinfektionsmittel ganz zu schweigen.“ Zwar gebe es immer wieder auch Betriebe, die sich große Mühe geben. „Aber ich sehe das trotzdem als flächendeckendes Problem.“
Brabanski ärgert vor allem, dass die Hygienevorgaben aus dem Bundeslandwirtschaftsministerium eigentlich gar keine Vorgaben, sondern lediglich Empfehlungen seien. „Da verstehe ich jeden Landwirt, der sagt: Ich habe doch gegen kein Gesetz verstoßen.“ Er wünscht sich deswegen schärfere und vor allem klare Regeln bei der Unterbringung und Beschäftigung von Erntehelfern. „Und die müssen dann auch durchgesetzt werden.“