Die Baustelle in 76 Meter Höhe

von Redaktion

VON MAYLS MAJURANI

Rottenbuch – Maria Sporer ist die Frau, die fast alles über die Echelsbacher Brücke weiß. Jeden Freitag steht sie mit einer 15-köpfigen Gruppe vor dem Baubüro und erzählt die Geschichte des 1929 errichteten Bauwerks. Sporer und ihr Team leiten die Baustellenführungen. Denn die 185 Meter lange Brücke wird gerade erneuert.

„Es gibt ein großes Interesse an den Führungen. An den meisten Freitagen kommen sogar zwei Gruppen“, sagt sie. Die meisten Teilnehmer kommen aus der Region. „Diese Baustelle ist wirklich beeindruckend, sowohl der historische Bogen, als auch die Behelfsbrücke. Deshalb kommen viele Einheimische zur Führung, die täglich über die Brücke fahren – aber auch Auswärtige, die Urlaub in den Bergen hier verbringen.“

Vor rund 90 Jahren wurde die Echelsbacher Brücke gebaut. Sie befindet sich über der Ammerschlucht zwischen den Landkreisen Garmisch-Partenkirchen und Weilheim-Schongau. Wer die Ammer bis 1929 überqueren wollte, musste eine Brücke im Talgrund nutzen. Sie befand sich rund 500 Meter flussabwärts von der jetzigen Brücke. Die steile Schlucht war schon damals ein Problem. „Die alten Autos kamen oft nicht wieder hoch“, erzählt Sporer. „Alle mussten aussteigen und schieben.“ Rechtzeitig zu den Passionsspielen 1930 in Oberammergau wurde dann ein Brückenbau beschlossen, berichtet sie weiter. 1928 begannen die Arbeiten, in nur 422 Tagen war die Brücke fertig.

Heute geht das nicht so schnell. Rund drei Jahre dauert der Neubau mit allem Drum und Dran. Er wurde fällig, weil das Verkehrsaufkommen zu hoch, der Beton in die Jahre gekommen und die Fahrbahn zu schmal geworden war. Rund 10 000 Fahrzeuge fahren täglich über die Brücke. Eine Alternative gibt es nicht. „Man müsste einen Umweg von 50 Kilometern in Kauf nehmen“, erklärt die selbstständige Reiseführerin. Deshalb musste vor dem Abriss eine Behelfsbrücke gebaut werden. 2018 wurde sie in Betrieb genommen. Die Echelsbacher Brücke wurde danach bis auf den Stahlbetonbogen abgerissen.

Auf einer Aussichtsplattform zeigt Sporer auf den gewaltigen Brückenbogen, der sich 130 Meter weit spannt. „Der Bogen wurde aufwendig saniert, er wird aber keine statische Funktion mehr haben. Der schmale Bogen direkt darüber wird die neue Brücke tragen“, erzählt sie. Der historische Bogen wurde aus Gründen des Denkmal- und Artenschutzes nicht abgerissen. Gebaut wurde er gleichzeitig von beiden Seiten. „Die Konstruktion gelang dabei so genau, dass die beiden Hälften in der Mitte nur zwei Zentimer auseinanderlagen“, sagt sie. Heute werden solche Vermessungen mit modernsten Lasergeräten millimetergenau vorgenommen. Dafür liegen die Baukosten nicht mehr bei lediglich 900 000 Reichsmark, sondern nun bei über 30 Millionen Euro.

Verwunderlich ist der Betrag aber nicht, wenn man die Größenverhältnisse auf der Baustelle kennt. Beispielsweise die Kräne an beiden Brücken-Enden, die hoch in den Himmel ragen. 60 Meter oder 190 Stufen müssen die Kranfahrer täglich klettern. „Der Ausleger ist rund 80 Meter lang und kann sogar an der Spitze bis zu fünf Tonnen tragen“, berichtet der Bauleiter Wolfgang Rieger. Im Scheitelbereich der Brücke befinden sich in einem Kubikmeter Beton etwa 180 Kilogramm Stahl. Für den gesamten Überbau der Brücke sind sogar 500 Tonnen Stahl nötig.

28 bis 40 Gramm wiegt dagegen die Fledermausart Großes Mausohr. Die kleinen Säugetiere bewohnen seit den 50er-Jahren den Bogen der Brücke. Auch deshalb durfte er nicht abgerissen werden. „Von der Baustelle lassen sie sich in keinster Weise stören“, sagt Rieger. Mitte September werden sie die Brücke verlassen. Im Frühjahr 2021 kommen sie zurück – und können dann den Abschluss der Bauarbeiten mitverfolgen.

Baustellenführungen

werden freitags und bei Bedarf samstags angeboten. Ab sechs Personen sind abweichende Termine möglich. Infos und Anmeldungen bei der Touristinfo Bad Bayersoien (0 88 45/7 03 06 20).

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