Seniorin nach Übergriff gestorben

von Redaktion

VON CHRISTIAN MASENGARB

Schliersee – Warum eine 85-jährige Bewohnerin der Seniorenresidenz Schliersee am späten Nachmittag des 25. Juli mit schweren Verletzungen in ein Krankenhaus eingeliefert wurde, konnte sie selbst nicht erklären. Wie ihr mutmaßlicher Angreifer, ein 87-jähriger Bewohner des gleichen Heims, litt die Frau an schwerer Demenz. Zehn Tage später starb sie in der Klinik. Das Polizeipräsidium Oberbayern Süd und die Staatsanwaltschaft München II versuchen nun, die Tat zu rekonstruieren.

Klar ist laut Behörden: Der Mann ging auf die Frau los, bis ihn Pfleger abhalten konnten. Er hatte keine Waffe verwendet, ihr die Verletzungen per Hand zugefügt. Vorher lebte er unauffällig im Heim. Jetzt ist er in einer psychiatrischen Einrichtung.

Mehr wissen Polizei und Staatsanwaltschaft noch nicht oder wollen es wegen der laufenden Ermittlungen nicht verraten. Die Heimatorte der beiden Senioren, die genauen Verletzungen der Frau, ob der Mann sie tatsächlich vergewaltigt hat – alles offen. Selbst ob die Verletzungen den Tod der Frau verursacht haben, ist unsicher. Derzeit laufen die Ermittlungen wegen versuchten Totschlags und Verdachts auf Vergewaltigung. Das könnte sich ändern, sobald die Ermittler den Obduktionsbericht erhalten. Auf den warten sie derzeit. Die Beamten prüfen auch, ob die Seniorenresidenz eine Mitschuld am Vorfall trägt. Derzeit gebe es dafür aber keine Hinweise.

Der Heimleiter der Seniorenresidenz, Robert Jekel, wehrt sich wegen der vielen offenen Fragen gegen eine Vorverurteilung seiner Einrichtung. „Was passiert ist, weiß noch niemand“, sagt der 61-Jährige. „Ich wüsste es selber gerne.“ Einen Skandal sieht er darin nicht: Bei Menschen mit geistigen Einschränkungen seien Vorfälle, die die Behörden auf den Plan rufen, unvermeidbar. Wegen der Vergangenheit der Seniorenresidenz – nach mehreren Corona-Fällen hatte das Landratsamt Miesbach schwerwiegende Mängel in der Einrichtung festgestellt und die frühere Heimleitung wegen Körperverletzung angezeigt – würde nun auch über normale Vorgänge stärker berichtet.

Ein Polizeisprecher bestätigt diese Sicht teilweise. Dass Demenzkranke Dinge tun, die nicht in Ordnung sind, möge öfters passieren. „Aber so einen schwerwiegenden Fall gibt es äußerst selten.“

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