MASSGESCHNEIDERT

von Redaktion

„Was du an Ansehen verlierst, das gewinnst du an Gesundheit!“ Nicht wenn ihm ein Rülpser, ein Kopperer, entfahren ist, hat der Sepp diesen Spruch parat, sondern bei etwas viel Hinterlistigerem. Da braucht man gewiss nicht dreimal raten, wie dieser Ausstoß heißt, sondern sollte sich eher angewidert die Nase zuhalten. Das Gemeine an der Sache ist, dass der Sepp diesen Spruch ein Dutzend Mal am Tag rauslässt. Der Maßschneider hat ihm deshalb schon ein paar Mal geraten, einen Magen- und Darmspezialisten aufzusuchen.

„Sei vorsichtig beim Lesen von Gesundheitsbüchern“, hat indes Mark Twain einst gewarnt, „du könntest an einem Druckfehler sterben.“ Direkter hat es des Maßschneiders Großmutter ausgedrückt: „Kaum hast drei Seiten im Doktorbuach glesn, scho zwickt’s di hint und vorn.“ Und der Großvater ergänzte: „Liaba reich und gsund, ois wia arm und krank.“

Doch was stand zum Trost auf der Tischdecke im elterlichen Wohnzimmer, gstickt in roten Buchstaben? „Und wenn du meinst es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her.“ Davon inspiriert, knipste der kleine Maßschneider seine Taschenlampe an und las abends unter der Bettdecke seinen Winnetou.

Als Gassenbub lernte man dann selber diverse Sprüche herunterzuhaspeln. Zum Beispiel den: „Wenn‘s nur rang, oder schnieb, dass da Dreeg spraaz und’s Schuihaus vabraann und da Lehrer varaack!“ ( Verzeihung, ihr werten Lehrkörper, aber so lernte man damals eben mit dem Konjunktiv umzugehen!)

Das Sprücherl „Da legst die nieder und stehst nimmer auf“ war gleichfalls in vieler Munde. Hatte man sich die Knie aufgeschlagen, dann redete man sich mit dem Spruch „ A Indianer kennt koan Schmerz“ wieder selber hart. Und was heute superaffengeil oder nice ist, war damals „Zerm, unbandig, bärig“.

Weil heutzutage Mädchen und Frauen mit Vorliebe Hosen tragen, noch ein Spruch von vorgestern: „Wenn d’Frau d’Hosn oziaght (also das Regiment ergreift), setzt da Mo an Huat auf.“ Und wohin geht er dann? Richtig: ins Wirtshaus.

Ein passender Spruch dazu lautet: „Im Wirtshaus bin i wia z’Haus“, ein anderer: „Dahoam is am scheenstn, aber gmüatlicher is im Wirtshaus“. Nicht selten hängt über dem Stammtisch ein Taferl mit der Inschrifft: „Da hocka de, de oiwei da hocka.“

Zum Beispiel der Ferdl. Wenn dem etwas gegen den Strich geht, er seine Meinung durchsetzen will, dann droht er durch die Blume, genauer gesagt durch den Grashalm: „Wenn die Kuh das Gras nicht frisst, dann lassen wir eben die Wiese betonieren.“

Schlagen wir zum Schluss noch einen Bogen zu dem Körperteil, der das Geräusch vom Anfang unserer Epistel erzeugt, und zwar mit dem starken Spruch, den die Meier-Tante einst ungeniert von sich gegeben hat: „Was d’Leit hinter mir her reden, des sagn’s zu meim…“

Nein, der Maßschneider schreibt dieses Wort nicht so ohne Weiteres hin. Freilich hat es selbst Goethe schon einmal einem gewissen Götz in den Mund gelegt. Als Bayer möchte es der Maßschneider jedoch lieber mit einem „O“ am Anfang ausgesprochen wissen.

An dieser Stelle schreibt unser Turmschreiber

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