Aichach/Haar – Es herbstelt. Unverkennbar. Das merkt man weniger an laubenden Bäumen, auch nicht an den ersten Lebkuchen in den Supermarkt-Regalen. Sondern man merkt es an den Kürbissen. Die Kürbisbauern sind die eigentlichen Vorboten des Herbstes: Seit dieser Woche haben sie die ersten Straßenstände bestückt. „Geht schon Kürbis?“, fragte eine Münchnerin auf Twitter entgeistert.
Ja – es geht, wenn man Lutz Popp vom Landesverband für Gartenbau und Landespflege zuhört. Er spricht von einer „Verfrühung der Vegetation“. Gemeint ist: Gemüse und Obst ist früher erntereif, als es etwa noch in den 1960er-Jahren war. So kommt es, dass schon vor dem meteorologischen (1. September) und schon weit vor dem kalendarischen Herbstanfang (22. September) Kürbisse grauen Straßenränder optische Lichtblicke verschaffen.
Rosmarie Habeker vom Habeker Hof in Haar (Kreis München) differenziert: Seit dieser Woche gibt es die ersten Sorten auf dem Markt, Hokkaido beispielsweise, dessen Wuchszeit von der Pflanzung bis zur Ernte mit 90 bis 100 Tagen vergleichsweise kurz ist. Die großen grünen Muskat-Gewächse hingegen benötigen länger, bis zu 120 Tage. Ein gutes Dutzend Sorten hat der Habeker Hof jetzt schon im Verkauf, insgesamt werden es im Herbst dann bis zu 100 sein. Zierkürbisse inklusive. Allerdings hadern die Landwirte etwas mit dem Ergebnis ihrer Bemühungen: „Heuer ist kein gutes Kürbis-Jahr“, sagt Rosmarie Habeker.
86 Prozent aller Kürbisse kommen aus Deutschland, der Rest aus dem Ausland – sogar Südafrika ist ein nennenswerter Importeur. Bayern aber hat im innerdeutschen Vergleich die größten Anbauflächen: 368 Betriebe hatten sich 2019 auf den Anbau der Kürbisse spezialisiert und ernteten insgesamt 19 539 Tonnen. Noch mehr Zahlen: Die Zahl der Haushalte, die mindestens einmal im Jahr Kürbisse kauft, steigt. 2015 waren es 23 Prozent, 2019 schon 28 Prozent.
Traditionell kaufen viele direkt am Hof, der Anteil der Supermärkte am Kürbisverkauf ist mit 40 Prozent relativ gering (zehn Prozent weniger verglichen mit anderem Gemüse). Wer aber meint, er unterstütze mit einem Kürbiskauf am Straßenrand den Bauern um die Ecke, der irrt zumeist. Viele Stände in Oberbayern betreibt einer der Marktführer, der Spargel- und Kürbishof Lohner in Inchenhausen (Kreis Aichach-Friedberg), der kürzlich wegen eines Corona-Ausbruchs unter seinen Erntehelfern in die Schlagzeilen geriet. „Endlich ist es wieder so weit! Ab sofort sind all unsere Kürbisstände für Sie geöffnet“, warb das Unternehmen gestern. Die Preise sind moderat: Ein großer Hokkaido („Herkunft: Deutschland“) kostet sieben Euro, ein kleinerer grüner Kürbis der Sorte Sweet Dumpling ist für drei Euro zu haben. Lohner verlässt sich darauf, dass man die Münzen in eine Kasse steckt. Auch Bezahlung per PayPal ist möglich – man muss dafür einen QR-Code scannen.
Zurück zur Eingangsfrage: Geht also denn schon Kürbis? „Solange du keinen Lebkuchen dazu isst, ja“, lautete eine Antwort auf Twitter.