Aus für Bahnlinie

Mit kleinem Karo gemessen

von Redaktion

DIRK WALTER

Das Aus für die Waldbahn-Nebenlinie Gotteszell-Viechtach mag so mancher in Oberbayern als unwichtig abtun – wer fährt schon mit der Bahn nach Bayerisch Kanada? Aber so einfach ist es nicht. Mit ihrer Entscheidung hat sich Verkehrsministerin Kerstin Schreyer in der Bahnpolitik denkbar ungeschickt eingeführt – zumal sie ihre Entscheidung offenbar der Politik vor Ort nicht vorab erläutert hat und auch Fachleute überrumpelte. Es sieht nun so aus, als torpediere das Ministerium die Bemühungen, endlich mehr, nicht weniger Bahn in die ländlichen Regionen zu bringen. Das ist ein schlechtes Zeichen.

Leicht gemacht hat es sich das Ministerium wohl nicht. Allerdings misst es bei der Reaktivierung von Bahnstrecken seit jeher schon mit sehr kleinem Karo. Das K.o.-Kriterium ist die sogenannte 1000er-Grenze: Für jede reaktivierte Strecke sind mindestens 1000 Fahrgäste je Werktag die Bedingung – sonst, so heißt es, sei der Betrieb einer Bahnstrecke nicht rentabel. Das hat schon die Wiederinbetriebnahme so mancher Bahnstrecke verhindert – etwa die Fuchstalbahn Schongau-Landsberg – und wird es weiterhin tun.

Aber es gibt auch weiche Faktoren, die Betriebswirte vielleicht nicht sehen. Eine Bahn ist im Werben um Touristen ein Standortvorteil, egal, wie viele sie dann tatsächlich nutzen. Außerdem werden zweierlei Maßstäbe angelegt, da bereits bestehende Bahnlinien nicht dem 1000er-Kriterium unterliegen – sonst wäre beispielsweise die Strecke Murnau–Oberammergau längst stillgelegt. Es gibt übrigens auch zahllose Straßen, auf denen weniger als 1000 Autos am Tag fahren. Nicht ohne Grund gab es im vergangenen Jahr im Landtag einen Antrag, das 1000er-Kriterium aufzuweichen – er scheiterte leider. Doch manchmal muss man sich die Bahn auch etwas kosten lassen.

Dirk.Walter@ovb.net

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