München/Viechtach – Die angekündigte Einstellung des Bahnverkehrs auf der Strecke Gotteszell–Viechtach schlägt weiter hohe Wellen. Nach Politikern in der Region bewertete auch der Fahrgastverband Pro Bahn die Entscheidung von Verkehrsministerin Kerstin Schreyer (CSU) negativ. Pro-Bahn-Vizechef Lukas Iffländer nennt sie eine „schallende Ohrfeige für den ländlichen Raum“. Die Entscheidung zeuge „von Ignoranz und Unkenntnis der Ministerialbürokratie“ über die Verhältnisse vor Ort.
Die 25 Kilometer lange Bahnstrecke ins landschaftlich schöne, aber abgelegene sogenannte „Bayerisch Kanada“ ist seit 2016 versuchsweise in Betrieb. Die Strecke, die von der Waldbahn (Länderbahn) betrieben wird, zweigt bei Gotteszell nach Norden ab und führt über Teisnach bis zum Endbahnhof im 8000-Einwohner-Städtchen Viechtach.
Pro Bahn hält Schreyer eine „gravierende Fehleinschätzung“ vor, weil das Ministerium das touristische Potenzial der Strecke vernachlässige. Alternativ Busse einzusetzen, sei ein „Trugschluss“, weil die meisten dann doch lieber das Auto nutzten. Auch sei der Landtag nicht eingebunden worden. Nach der Regener Landrätin Rita Röhrl zürnte auch der örtliche SPD-Abgeordnete Christian Flisek über die Entscheidung. Klimaschutz werde so torpediert. Auch der örtliche CSU-Abgeordnete Max Gibis war laut „PNP“ nicht informiert, er verlangt nun ein Gespräch mit Schreyer. Pikant auch: Nach Informationen von Pro Bahn wurde die Einstellung des Betriebs nicht im Aufsichtsrat der Bayerischen Eisenbahngesellschaft beschlossen – Verkehrs-Staatssekretär und Aufsichtsratschef Klaus Holetschek war erst kürzlich ins Gesundheitsministerium versetzt worden.
Schreyers Ministerium verteidigt die Entscheidung, im September 2021 die Linie einzustellen. Wichtig seien 1000 Reisende auf der Strecke je Werktag. Das bedeute eine Mindestauslastung von 25 Personen je Triebfahrzeug, so ein Sprecher gegenüber unserer Zeitung. Diese Zahl sei 2017, 2018 und 2019 – also auch vor der Corona-Krise – nie erreicht worden. Tatsächlich seien es jeweils unter 500 Fahrgäste täglich gewesen. Die Entscheidung sei jetzt schon – ein Jahr vor dem Ende des Probebetriebs – bekannt gegeben worden, da der Busverkehr in der Region neu ausgerichtet werden müsse. „Das benötigt Zeit.“ dw