Reit im Winkl – Bäcker Josef Pretzner aus Reit im Winkl (Kreis Traunstein) versteht die Welt nicht mehr: Weil er auf seiner Internetseite Werbung für ein Brot machte, das er gar nicht mehr verkauft, soll er 800 Euro an eine Anwaltskanzlei zahlen, die die Hofpfisterei vertritt. Seit zwei Jahren verkauft der Chiemgauer Bäcker mit seinen 20 Angestellten und zwei Verkaufsstellen schon kein „Sonnenkorn“ mehr. Doch wer online sein Sortiment begutachtete, fand auf der Homepage noch dieses dunkle Schwarzbrot. Das Problem dabei: Die Münchner Hofpfisterei mit ihren rund 1131 Mitarbeitern, 166 Filialen und 100 Millionen Euro Jahresumsatz hat sich die Bezeichnung „Sonne“ im Zusammenhang mit Brot- und Backwaren beim Deutschen Patent- und Markenamt schützen lassen – vor allem, weil die Großbäckerei großen Wert auf den Markenschutz ihre „Öko-Sonne“ legt. Ein „Sonnenkorn“ verkauft sie aber gar nicht.
Pretzner wurde aufgefordert, die Produktbezeichnung „Sonnenkorn“ nicht mehr zu verwenden und eine Unterlassungserklärung zu unterschreiben. Das Ganze wird mit einer Pauschalgebühr von 800 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer und 20 Euro Auslage in Rechnung gestellt. Bei Weigerung wurde ein Streitwert von 200 000 Euro für einen Prozess genannt. Der 55-jährige Bäcker ist sich seiner Rechtslage bewusst: „Ich habe das Brot sofort von der Homepage löschen lassen, vom Markenschutz wusste ich nichts“, sagt er. „Aber ich bin ein kleiner Bäcker, stehe jeden Tag um Mitternacht auf und gehe nach der Arbeit abends um 6 ins Bett. Kann man da nicht einfach anrufen und Bescheid sagen?“, fragt er.
Nicole Stocker, die Sprecherin der Hofpfisterei, erklärt dazu: „Wir müssen rechtlich gegen Produkte vorgehen, die unsere Markenrechte verletzen, sonst würden wir diesen verlieren.“ Dazu gehöre auch eine Unterlassungserklärung. „Die 800 Euro bekommt die Kanzlei, wir sehen davon nichts. Theoretisch könnten wir sogar Schadensersatz verlangen“, betont sie. Das tue die Hofpfisterei jedoch nicht. JOHANNES WELTE