München – Welche Forderungen an Bayerns Schulpolitik herangetragen werden, illustrieren vielleicht zwei Pressemitteilungen, die gestern verschickt wurden. Eine Münchner Initiative „Eltern stehen auf“ agitiert gegen die Maskenpflicht, verweist auf die Akkumulation von Kohlendioxid unter der Maske und schreibt: „Maskentragen ist gesundheitsschädlich“ und „nutzlos“. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hingegen gehört zu den ganz Vorsichtigen. Sie fordert am Montag einen Schulbeginn „mit weiterhin halbierter Schülerzahl“ – für Eltern, die ihre Kinder dann zu Hause betreuen müssten, solle es vollständige Lohnfortzahlung geben.
In Bayern wird weder das eine noch das andere kommen – kein vorsorglicher „Lockdown“ und kein gänzlicher Normalbetrieb. Bis Freitag, 18. September, gilt an allen weiterführenden Schulen eine Maskenpflicht für Schüler und Lehrer – auch im Unterricht, auch beim Sitzen an der Schulbank. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte sich zuvor mit Kultusminister Michael Piazolo sowie ausgewählten Vertretern von Lehrern, Eltern und Schülern beraten. Er berief sich auch auf die Wissenschaftsorganisation Leopoldina, die von 90 Prozent Risikoreduktion durch Maskenpflicht ausgehe. Die ersten zwei Wochen seien entscheidend, um das Risiko durch Reiserückkehrer in der letzten Ferienwoche zu minimieren. Widerspruch dagegen gab es nicht – auch Landesschülersprecher Joshua Grasmüller, der noch am Vortag in unserer Zeitung eine Maskenpflicht klar abgelehnt hatte, war jetzt dafür: „Letztlich waren wir auch der Meinung, dass das sinnvoll ist.“
Zudem kündigte die Staatsregierung an, die Schulträger bei der Bereitstellung zusätzlicher Schulbusse zu unterstützen. Die Mehrkosten übernehme der Freistaat. So soll es etwa einfacher möglich sein, Anfahrten zu splitten, damit zeitlich gestaffelter Unterricht von Klassen erfolgen kann. Formell wird das Kabinett das Schulkonzept an diesem Dienstag beschließen.
Auch für weitere Maßnahmen ist das Kultusministerium offen – sehr zur Freude von Walburga Krefting, die für die Arbeitsgemeinschaft Bayerischer Lehrerverbände an den Beratungen mit Söder teilnahm. Sie wünscht sich mehr Plexiglas-Wände in Schulen, mehr Einzeltische, außerdem automatische Desinfektionsmittelspender und Luftreiniger, wie sie die Universität der Bundeswehr Neubiberg empfiehlt. Widerspruch von Söder oder Piazolo gab es nicht – allerdings auch keine klare Aussage, wer das bezahlt.
Unklar ist freilich, wie es nach den ersten 14 Tagen weitergehen wird. Dann müsse jeder Landkreis, jede Stadt anhand der aktuellen Infektionszahlen neu entschieden, meinte Kultusminister Piazolo. Gibt es mehr als 35 Neuinfektionen je 100 000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen, gilt weiterhin die Maskenpflicht. Klettert der Sieben-Tage-Wert auf über 50, dann gibt es eine Maskenpflicht auch an den Grundschulen – und mehr noch: die Klassen müssen wieder geteilt werden. Das wäre die Rückkehr zum wochenweisen Unterricht daheim und in der Schule, wie er vor den Sommerferien üblich war.
Allerdings rief Piazolo dazu auf, mit Augenmaß vorzugehen. Schule könne nicht täglich neu auf aktuelle Infektionszahlen reagieren.
Schon gibt es erste Bedenken gegen so eine Strategie: Heinz-Peter Meidinger warnte vor einem „Fleckerlteppich“ bei der Maskenpflicht. Der Gesundheitsschutz dürfe auch nach den ersten 14 Tagen nicht „ausdünnen“.
Die Landtags-Opposition meldet keine Bedenken gegen die Maskenpflicht an. Aber: „Maskenpflicht ist kein Allheilmittel“, erklärte Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze. Sie vermisse „kreative Konzepte wie Gruppenteilung, Verzahnung mit digitalem Lernen und Unterricht im Freien, solange das möglich ist“. Die Landtags-SPD regte längerfristige Testkonzepte für die Lehrer an. Tatsächlich werden die Lehrer derzeit durch ihre Schulleitungen zu einem freiwilligen Corona-Test aufgefordert – etwa 50 Prozent der Lehrer werde das auch machen, schätzte Piazolo. Er sei auch für „testen, testen, testen“ – allerdings „ist es nicht unser Ziel und auch nicht möglich, alle fünf Tage alle Lehrer durchzutesten“.
Spannend wird es nach 14 Tagen