Alkoholverbot endgültig gekippt

von Redaktion

Verwaltungsgerichtshof kassiert Verordnung – Stadt will nun nachjustieren

VON SASCHA KAROWSKI

München – Das von der Stadt verhängte Alkohol-Konsum-Verbot in München ist rechtswidrig. Das hat der Verwaltungsgerichtshof in zweiter Instanz entschieden. Die Juristen bestätigten ein Urteil des Verwaltungsgerichts vom Freitag. Dies hatte einem Rechtsanwalt Recht gegeben, der gegen die Allgemeinverfügung der Stadt geklagt hatte. Das Rathaus will nachjustieren.

Wie berichtet, war vergangene Woche die Zahl der Neuinfektionen über einen kritischen Schwellenwert geklettert. Die sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz überschritt die Marke 35. Das bedeutet: Innerhalb einer Woche haben sich mehr als 35 Menschen pro 100 000 Einwohner mit Corona infiziert.

Die Stadt verhängte daraufhin ein siebentägiges Alkoholverbot: Ab 21 Uhr war der Straßenverkauf untersagt, ab 23 Uhr der Konsum auf öffentlichen Plätzen. Hintergrund war laut Stadt, dass mancherorts, etwa auf dem Gärtnerplatz, im Englischen Garten oder an der Isar, bis in die Nacht gefeiert wird, Abstands- und Hygieneregeln bei zunehmender Alkoholisierung aber nicht eingehalten werden. Die Stadt wollte das unterbinden.

Der Verwaltungsgerichtshof attestiert nun ebenfalls, dass die Allgemeinverfügung der Stadt „nicht erforderlich“ und zudem „unverhältnismäßig“ sei, weil sich das Konsumverbot auf das gesamte Stadtgebiet erstrecke. Das Verwaltungsgericht sei zu Recht davon ausgegangen, dass eine Beschränkung des Konsumverbots für alkoholische Getränke auf einzelne Plätze ausreichend gewesen wäre. Dabei geht es nur um den Konsum, das Verkaufsverbot ab 21 Uhr war nicht Gegenstand der Klage.

„Ich bin froh über das Urteil“, sagte der Anwalt, der die Klage eingereicht hatte. „Es hat sich damit erneut bestätigt, dass die Politik nicht einfach die ganze Stadt mit einem Alkoholverbot belegen kann. Der Infektionsschutz ist aus meiner Sicht nur vorgeschoben gewesen.“

SPD-Fraktionschef Christian Müller sagte am Dienstag auf Anfrage: „Das Urteil ist kein Beinbruch, dann müssen wir die Allgemeinverfügung zielgenauer formulieren und auf einzelne Orte beschränken.“ Der Ball liege nun beim Oberbürgermeister, sagte Grünen-Vize Dominik Krause. „Wir sind davon ausgegangen, dass es ein rechtskonformes Vorgehen ist.“

Die CSU appelliert an die Stadtverwaltung, jetzt rasch ein tragfähiges Konzept vorzulegen. Fraktionsvize Hans Theiss sagte: „Das Gericht macht deutlich, dass ein Alkoholverbot an stark besuchten Orten nicht generell ausgeschlossen ist. Es ist nun Aufgabe der Verwaltung und des OB, die bisherigen Regelungen anzupassen. Wir fordern die Anwendung des Bamberger Modells, das bereits gerichtlich geprüft wurde. Es legt den Zeitraum und die von den Alkoholverboten betroffenen Plätze genau fest.“

OB Dieter Reiter sagte: „Jetzt haben wir Klarheit, die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs gibt die Richtung vor für unsere künftigen Maßnahmen zum Infektionsschutz, die weiterhin leider unverzichtbar sind.“ Die Allgemeinverfügung zum Alkoholkonsumverbot und zum -verkaufsverbot werde daher nicht mehr vollzogen. Die Stadtverwaltung sei beauftragt, eine neue zu verfassen, damit die Verbote nicht mehr stadtweit gelten, sondern nur an sogenannten Hotspots. „Erfreulich ist, dass die für die Maßnahmen relevante Inzidenzzahl heute auf einen Wert unter 35 gesunken ist. Wenn dieser Trend sich fortsetzen sollte, dann könnten wir insgesamt von einem Alkoholverbot absehen. Denn es geht mir nicht darum, Spaßverderber zu sein, sondern das Infektionsgeschehen so gut wie möglich im Griff zu behalten.“

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