Das Schwammerlwetter kommt

von Redaktion

VON BEATRICE OSSBERGER

Mammendorf – Nach dem Regen am Wochenende kommen jetzt ein paar Tage mit höheren Temperaturen. Und weil Pilze diese feucht-warme Mischung besonders mögen, sind die Chancen auf eine erfolgreiche Pilzsuche in Bayerns Wäldern gestiegen.

Es ist die Zeit, in der Pilzsammler nach den Klassikern Ausschau halten. Nach Maronen, Steinpilzen und Pfifferlingen, nach Frauen-Täublingen, Goldröhrlingen und Parasolpilzen. Ob es dieses Jahr eine gute Saison wird? Christoph Hahn, Pilzsachverständiger aus Mammendorf (Landkreis Fürstenfeldbruck) und Präsident der Bayerischen Mykologischen Gesellschaft (BMG), will sich nicht festlegen. „Wir erleben immer häufiger große regionale Unterschiede“, sagt der 50-jährige Pilz-Experte. Auch die beiden vergangenen Trockenjahre machten eine Prognose schwierig. „Aber so ist das bei der Pilzsuche. Man weiß nie, was man findet. Genau deshalb ist es spannend.“

Rund 8000 Pilzarten gibt es in Bayern, nur an die 100 davon stehen auf der Liste der empfohlenen Speisepilze. Beim Sammeln gilt es einiges zu beachten: Pilze gehören in einen Korb. In einer Tüte oder Tasche würden sie matschig werden und später schneller schimmeln. Ein Messer braucht es, um die Pilze vorsichtig mit der Stielbasis aus dem Boden herausheben zu können. „Die Stielbasis liefert wichtige Hinweise, um welchen Pilz es sich handelt“, sagt Hahn. Zur weiteren Ausstattung sollte zudem ein Pilzbestimmungsbuch gehören. „Aber bitte nicht nur die Bilder anschauen“, sagt Hahn, „sondern die gesamte Beschreibung lesen.“

Nichts, und zwar absolut nichts, hält Hahn dagegen von den diversen Pilz-Apps, die Anfängern das Bestimmen erleichtern sollen. „Sie sind sehr gefährlich“, sagt er. Er selbst hat einige getestet, mit dem Resultat, dass ihm ein Giftpilz als Speisepilz angezeigt wurde. „Es gibt auch Apps, bei denen müssen die Nutzer einige Merkmale des Pilzes eingeben“, sagt er. „Dafür muss ich mich aber auskennen. Und wenn ich mich auskenne, brauche ich die App nicht.“ Man solle bei der Nutzung auch immer daran denken, dass man unter Umständen seine Gesundheit in die Hände des Algorithmus dieses Programms lege. „Finger weg“, sagt Hahn.

Pilzbestimmung ist ein schwieriges Metier und weitaus komplizierter als sich Laien das gemeinhin vorstellen. „Alles spielt eine Rolle“, sagt Hahn, „die Bodenbeschaffenheit, die Bäume und Pflanzen in der Nähe des Fundorts genauso wie die Netzstruktur des Stiels, der Geruch und mögliche Verfärbungen beim Anschneiden des Fleisches.“

Weil Anfänger damit überfordert sind, rät ihnen der Experte, sich beim Pilzsammeln zunächst auf Röhrenpilze wie Maronen und Steinpilze zu konzentrieren. Der Grund: Bei Röhrenpilzen gibt es weniger giftige Pilze als bei Lamellenpilzen. Eine dieser Ausnahmen ist der Satansröhrling oder Satanspilz, wie er auch genannt wird. Er verursacht Brech-Durchfall und heftige Magen-Darm-Beschwerden. „Am Krankenhaus Tutzing habe ich einmal eine Satanspilz-Vergiftung betreut“, sagt Hahn. „Der Mann lag auf der Intensivstation und hatte furchtbare Schmerzen. Das möchte man selbst nicht erleben.“

Anfänger sollten in jedem Fall mit ihren Pilzen einen Pilzberater aufsuchen oder in eine Pilzberatungsstelle gehen. Dort kann es dann allerdings passieren, dass der Berater einen Pilz aussortiert, bei dem man es nicht erwartet hätte: den Champignon.

„Das Problem mit den Champignons ist, dass in den letzten Jahren in Bayern immer häufiger eine giftige Champignonart zu finden ist, die sich in der Beratung oftmals nur schwer von den essbaren Champignons unterscheiden lässt“, sagt Hahn. Die Rede ist vom Falschen Wiesen-Egerling. „Ich kenne Berater, die geben Champignons deshalb nicht mehr frei“, sagt Hahn. Hinzu kommen gesundheitliche Bedenken: Einige der wildwachsenden Champignon-Arten reichern giftige Schwermetalle wie Cadmium, Blei oder Quecksilber an. Zudem enthalten sie teils hohe Konzentrationen von Agaritin, das krebserregend sein könnte. „Ich wäre einfach vorsichtig“, sagt Hahn. „Aber das ist bei Pilzen ja grundsätzlich ein guter Ratschlag.“

Artikel 11 von 11