München – Vier Mentoren stehen künftig Pflegeschülern in Bayern bei Sorgen und Nöten zur Seite. Es sind zwei Pflegespezialisten, eine Psychologin und ein Sozialpädagoge. Sie sollen Auszubildenden in Pflegeberufen in schwierigen Situationen oder bei Zweifeln mit Rat zur Seite stehen. Das kostenlose und anonyme Programm soll die Ausbildung für Pflegefachpersonen stärken, teilte die bayerische Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) gestern mit. Unabhängig von den erschwerten Bedingungen durch Corona seien Pflegeberufe herausfordernd. Angehende Pflegekräfte würden von Beginn an auch mit Krankheit, Leiden, Sterben, Tod und Trauer konfrontiert. „Das zu verarbeiten, fällt nicht jedem leicht und bedarf im Einzelfall einer besonderen Unterstützung“, so Huml.
Die Zahl von vier Mentoren für ganz Bayern klingt gering angesichts von mehr als 159 000 Menschen, die in Bayern in der Langzeitpflege beschäftigt sind. Der jüngsten Pflegestatistik zufolge gab es 2017 rund 400 000 Pflegebedürftige in Bayern.
„Wie fast immer im Pflegebereich kann man sagen, besser als gar nichts, obwohl es scheint, als wolle man mit einer Wasserpistole einen Waldbrand löschen“, sagt Pflegeexperte Claus Fussek (67) aus Bad Tölz. Er sei dennoch sehr froh, dass Melanie Huml das Thema aufgreife, denn allzu häufig werde der Nachwuchs im Pflegebereich als billige Arbeitskräfte verheizt. Das geschehe auch im Bundesfreiwilligendienst.
„Dabei muss klar sein, dass diejenigen, die als Bufdis ausgenutzt werden, später niemals in die Pflege gehen, auch wenn sie das vor ihrem Bundesfreiwilligendienst noch vorhatten“, sagt Fussek. Wie viele Auszubildende in Pflegeberufen vorzeitig abbrechen, darüber hatte das bayerische Gesundheitsministerium gestern keine Zahlen. Ebenso wenig ist klar, wie viele Pflegekräfte in Bayern noch gebraucht werden – klar ist allerdings, dass ein großer Mangel herrscht.
Dies legen auch die Zahlen nahe: 18 647 Auszubildende in Pflegeberufen gab es heuer zu Jahresbeginn in Bayern, ermittelte das Kuratorium Wohnen im Alter (KWA). Damit kommt im Freistaat auf 697 Einwohner ein Auszubildender in der Pflege. Damit liegt Bayern laut KWA beim Pflegeausbildungsindex bundesweit auf dem vorletzten Platz. Zum Vergleich: In Hessen, das Platz 1 belegt, kommt auf 379 Einwohner ein Pflege-Azubi.
„Es ist überdeutlich, dass man den Nachwuchs viel besser begleiten, anleiten und pflegen muss“, sagt Fussek. Insofern sei es sehr richtig, dass neben Pflegespezialisten auch eine Psychologin und ein Sozialpädagoge eingesetzt sind. Vier Mentoren für ganz Bayern sind aber viel zu wenig, sagt Fussek.
Der Pflegekritiker fordert: „Die Fürsorge für die Auszubildenden ist Aufgabe jeder Einrichtung. Jede muss also als Mentoren Psychologen, Sozialpädagogen und zudem auch palliativ-seelsorgerisches Personal einsetzen.“ Insofern ist Fussek der Gesundheitsministerin dankbar, dass sie mit dem Mentorenprogramm, das beim Bayerischen Landesamts für Pflege in Amberg angesiedelt ist, nun auf diesen Bedarf aufmerksam macht.
Die Mentoren sind erreichbar unter Telefon (0 96 21) 96 69 26 69 oder per Mail an mfp@lfp.bayern.de.