Die Kontakt-Ermittler

von Redaktion

VON KATRIN WOITSCH

Ebersberg/Fürstenfeldbruck – Fälle wie diesen wünscht sich kein Gesundheitsamt, das sagt Lorenz Weigl aus Fürstenfeldbruck ganz deutlich. Für ihn und seine Kollegen ist es längst Alltag geworden, Infektionsketten nachzuverfolgen und Betroffene zu informieren. Das ist manchmal einfacher – und manchmal eine große Herausforderung. So wie am Dienstag. Eine Schülerin der Oberstufe hatte sich zwar nach der Rückkehr aus einem Risikogebiet testen lassen. Allerdings hatte sie das Testergebnis nicht abgewartet. Sie war am ersten Schultag ins Olchinger Gymnasium gegangen und hatte dort an einer Infoveranstaltung für die gesamte Jahrgangsstufe teilgenommen.

Ein paar Stunden später kam im Gesundheitsamt in Fürstenfeldbruck ihr Testergebnis an. Es war positiv. „Wir bekommen dazu nur einen Namen, Geburtsdatum, Adresse – und im besten Fall eine Kontaktnummer“, erklärt der Gesundheitsamtsleiter Weigl. Der Betroffene wird angerufen. Erst dann wusste die Behörde, dass es sich um eine Schülerin handelt – und dass sie zusammen mit 102 Mitschülern in einer Turnhalle gewesen war. Die Mitarbeiter ließen sich von der jungen Frau schildern, ob sie Symptome hat, wem sie nahe gekommen ist und wie lange und ob Masken getragen wurden, und informierten zeitnah die Schule. „Das Kontaktpersonen-Team bekommt den ausgefüllten Ermittlungsbogen“, erklärt Weigl. Auch die Telefonnummern von Kontaktpersonen werden von einem Infizierten abgefragt.

Die Begegnungen werden vom Gesundheitsamt in drei Kategorien eingeteilt. Kategorie 3 sind Personen, die bei der Begegnung Schutzausrüstung trugen. Zum Beispiel die, die den Test durchgeführt haben. Kategorie 2 sind Begegnungen, bei denen eine Infektion unwahrscheinlich ist, weil sie nicht lang genug oder nah genug mit dem Infizierten in Kontakt waren. Nur Personen der Kategorie 1 müssen in Quarantäne und sich testen lassen. Im Fall der Olchingerin waren es zwei Freundinnen und ihre Familie. Bis das jedoch feststand, waren etliche Telefonate notwendig.

Ähnliche Szenen spielten sich nur einen Tag später im Ebersberger Landratsamt ab. In der Gemeinde Vaterstetten gab es an einer Grundschule und an der Realschule Corona-Fälle. Auch dort mussten erst einmal die Kinder oder ihre Familien informiert und alle Begegnungen detailliert abgefragt werden. In der Realschule musste eine komplette 9. Klasse informiert werden. Für sie findet der Unterricht nun erst mal wieder von zu Hause aus statt. Der Fall einer infizierten Lehrerin an der Grundschule zog aber noch größere Kreise. Dort war die Zahl der potenziell Infizierten sehr groß, weil die Lehrer an einer Lehrerkonferenz teilgenommen hatten, erklärt Sebastian Hallmann, der als Referent des Landrats auch im Krisenstab ist. „Die Lehrer der Grundschule hatten an einer Lehrerkonferenz teilgenommen“, erklärt er. „Bei keinem von ihnen konnte sicher ausgeschlossen werden, dass er infiziert ist.“ Die Kommunikation mit der Schule lief bis in die späten Abendstunden, berichtet Hallmann. Zuerst ging die Meldung raus, die gesamte Schule müsse geschlossen bleiben – das war auch gestern der aktuelle Stand zu Redaktionsschluss unserer Zeitung. „Das Schulamt hat bis 23 Uhr telefoniert“, erklärt Hallmann weiter – um Vertretungslehrer von anderen Schulen als Ersatz zu finden. Das ist gelungen. Deshalb fand der Unterricht schließlich doch statt. „Wir besprechen Fälle wie diesen natürlich nach“, sagt Hallmann. Auch um Informationsketten künftig noch kürzer zu halten und Zeit zu gewinnen. Denn dass es weitere Fälle an Schulen geben wird, sei sicher, sagt er. Auch gestern gab es bayernweit wieder Fälle. In Nürnberg muss ein kompletter Jahrgang in Quarantäne, in Furth im Wald sogar die komplette Mittelschule. Hallmann betont aber auch: In beiden Fällen in Vaterstetten hatte es sich um freiwillige Tests gehandelt. „Man kann den beiden Betroffenen nichts vorwerfen, sie hatten keinerlei Symptome.“ Die Olchinger Schülerin hätte jedoch nach ihrem Urlaub im Risikogebiet das Testergebnis abwarten müssen, betont Weigl. „Das ist unser Appell: Jeder sollte nicht nur für sich denken, sondern auch an die Folgen für andere.“

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