München – Hubert Heinhold ist Rechtsanwalt und Asyl-Experte. Nicht erst seit die Kanzlerin ihren viel zitierten Satz „Wir schaffen das“ sagte, beobachtet er die Asylgesetzgebung in Bayern genau. Und die verschlechtere sich seit Jahren für Asylsuchende kontinuierlich, sagt er. Das habe mit einer Gesetzesänderung im September 2015 begonnen, als Flüchtlinge eingeteilt wurden in Menschen mit guter und schlechter Bleibeperspektive. Es folgten Änderungen zu Arbeitserlaubnissen, Wohnbesitzbeschränkungen, Familiennachzug. „Durch diese Gesetze ist immer mehr Druck aufgebaut worden, damit Flüchtlinge das Land möglichst schnell wieder verlassen“, sagt Heinhold.
Die jüngste Verschlechterung ist erst ein paar Monate alt, berichtet er. Anfang des Jahres ist die Regelung für Beschäftigung und Berufsausbildung von Asylbewerbern und Geduldeten überarbeitet worden. „Das Gesetz umfasst vier Seiten“, sagt Heinhold. „Zu dieser Neuregelung hat das bayerische Innenministerium im Juli eine 82-seitige Erläuterungsschrift herausgegeben – und die hat vor allem Verwirrung geschaffen.“ Sie führe dazu, dass viele Ausländerbehörden die Auslegungsspielräume nun noch restriktiver anwenden, kritisiert der Jurist. Besonders auf die Arbeitserlaubnisse wirke sich das negativ aus.
Ob Flüchtlinge arbeiten dürfen oder nicht, ist seit Jahren Streitthema. Eine entsprechende Weisung der Regierung ist bislang von Landkreis zu Landkreis sehr unterschiedlich ausgelegt worden. Genau das kritisieren nicht nur Asylhelfer immer wieder scharf. Auch Wohlfahrtsverbände fordern immer wieder einheitlichere Regelungen. Der Caritas-Direktor Georg Falterbaum betonte gestern erneut: „Arbeits- und Ausbildungsverbote müssen unabhängig von Asyl- und Aufenthaltsstatus, Bleibeperspektive und Postleitzahl für Geflüchtete zumindest gelockert werden.“ Wer einen Arbeits- und Ausbildungsplatz hat, dürfe als Geduldeter nicht abgeschoben werden. Denn Flüchtlinge seien besonders in Mangelberufen wie der Altenpflege auch ein Arbeitskräftepotenzial, betonte er.
Rechtlich sei es aber inzwischen so, dass Flüchtlinge zwölf Monate geduldet sein müssen, um arbeiten zu dürfen, erklärt Rechtsanwalt Heinhold. Und sobald sich am Duldungsgrund etwas ändere, werde wieder von vorne gerechnet, sodass die wenigsten Geflüchteten auf zwölf Monate kommen könnten, erklärt er. Auch die Identitätsklärung, die mittlerweile ein Hauptkriterium dafür ist, dass Geflüchtete arbeiten dürfen, sieht er kritisch. „Natürlich ist es in unserem Interesse, dass geklärt ist, wer zu uns ins Land kommt“, sagt er. Aber es sei eben auch typisch für das Schicksal von Verfolgten, dass sie oft keine Papiere besitzen oder organisieren können. Die Identitätsprüfung, die das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge durchführt, müsse reichen für eine Arbeitserlaubnis, sagt Heinhold. Er verweist auf ein 20 Jahre altes Urteil des Verwaltungsgerichtshofs. Damals hatten die Richter entschieden, dass für eine Arbeitserlaubnis nicht entscheidend sei, ob die Identität vollständig geklärt ist. Auch in diesem Punkt habe sich die Gesetzeslage aber inzwischen verändert. Zum schlechteren, betont Heinhold. Denn aus seiner Sicht ist Arbeit ausschlaggebend dafür, wie gut die Integration gelingt. „Hätten wir unsere Gesetze in den vergangenen fünf Jahren nicht immer weiter verschärft, könnten wir bei der Integration heute schon viel weiter sein.“
Ähnlich sieht das der Caritas-Direktor. „Die Perspektivlosigkeit mangels Arbeits- und Ausbildungserlaubnis führt zu Konflikten und Aggression“, sagt Falterbaum. Der neue Vollzugshinweis aus dem Ministerium habe die Auslegungsspielräume nun nur weiter verengt und Missverständnisse geschaffen. „Sie ist so schwer verständlich, dass selbst erfahrene Asylsozialarbeiter kapitulieren.“ Er forderte eine schnelle Vereinfachung der bürokratischen und restriktiven Vorgaben. „In der bestehenden Form sind sie das Gegenteil von Unterstützung“, betont er. „Mit solchen Hindernissen schaffen wir das nicht.“