München – Die Regeln sind streng: Die Materialien müssen desinfiziert werden, zum Umziehen gibt es versetzte Zeiten und natürlich gilt das Abstands-Gebot. Es ist ein ungewöhnlicher Lehrgang für die Feuerwehrleute im Landkreis Dachau, die gerade zu Atemschutzgeräteträgern ausgebildet werden. „Wir empfehlen dringend, dass sie in der Zeit in der eigenen Feuerwehr nicht am Dienstbetrieb teilnehmen“, sagt Dachaus Kreisbrandinspektor Maximilian Reimoser. Denn: „Es darf auf keinen Fall passieren, dass ein Corona-Fall die ganze Feuerwehr lahmlegt. Es ist für uns eine Gratwanderung.“ Einerseits dürfe man nichts riskieren, andererseits sei es essenziell, dass wieder Übungen und Ausbildungen stattfinden. Inzwischen gebe es einen massiven Ausbildungsstau. „Es dauert Jahre, bis wir das wieder aufholen“, sagt Reimoser.
Das befürchtet auch Johann Eitzenberger, Vorsitzender des bayerischen Landesfeuerwehrverbands und Kreisbrandrat in Garmisch-Partenkirchen. „Die Ausbildung ist eine Daueraufgabe“, sagt er. Auch bei den Feuerwehren gibt es eine Fluktuation, außerdem scheiden immer wieder Mitglieder aus Altersgründen aus dem aktiven Dienst aus. „Wir brauchen deshalb dringend Nachwuchs.“ Doch während des Lockdowns waren weder Ausbildungen noch Fortbildungen oder Übungen möglich. Inzwischen laufen die Ausbildungen teilweise langsam wieder an und innerhalb der Feuerwehren dürfen Gruppen mit neun Personen zusammen trainieren. „Für die Übungen müssen Züge geteilt werden“, sagt Eitzenberger. „Das ist auch für die ehrenamtlichen Ausbilder eine große Mehrbelastung.“
Besonders schwierig ist die Situation außerdem für die Jugend. „Am meisten leiden die Kinderfeuerwehren“, bedauert er. Bayernweit gibt es über 800 Gruppen mit 13 000 Kindern zwischen sechs und zwölf Jahren. „Sie dürfen gar nicht ins Feuerwehrhaus“, erklärt Eitzenberger. Außerdem engagieren sich rund 50 000 Jugendliche ab zwölf Jahren bei der Jugendfeuerwehr. „Ein wesentliches Element bei den Jugendfeuerwehren sind normalerweise Wettkämpfe“, sagt er. „Doch die mussten alle abgesagt werden.“ Die Herausforderung sei jetzt, die Jugendlichen anders bei der Stange zu halten. Auch bei den Erwachsenen leide die Geselligkeit: „Die Kameradschaft ist wichtig“, betont Eitzenberger. „Corona wirkt sich massiv auf das Vereinsleben aus.“ Am Freitag hat die Feuerwehraktionswoche begonnen. Doch ein Großteil der Veranstaltungen, die die Wehren dazu geplant hatten, mussten abgesagt werden.
Im Kreis Ebersberg zum Beispiel hätte es für die Feuerwehrjugend einen gemeinsamen Kreisjugendfeuerwehrtag gegeben. „Jetzt übt jede Feuerwehr separat“, erklärt Kreisbrandrat Andreas Heiß. Wie seine Kollegen stellt auch ihn der Ausfall vieler Aus- und Fortbildungen vor große Probleme. „Wir können neue Führungskräfte nicht in dem Rahmen ausbilden, wie wir es bräuchten“, sagt er. Schon vor Corona habe es zu wenige Plätze für Fortbildungen zum Gruppenführer- oder Kommandanten sowie Fachlehrgänge gegeben. Jetzt habe sich das Problem massiv verschärft. „Wie viele Plätze wir dieses Jahr bekommen, können wir noch nicht sagen“, sagt er.
Doch: Auch wenn die Feuerwehrausbildung auf allen Ebenen gerade stockt, ist es weiterhin wichtig, Ehrenamtliche für den Feuerwehrdienst zu gewinnen. Jetzt ist die bayernweite Kampagne „Helfen ist Trumpf“ gestartet, um neue Helfer zu finden. Eitzenberger hat zwei Bitten an alle Interessierten: „Nicht zögern, sich bei der örtlichen Feuerwehr zu melden.“ Und: „Nicht enttäuscht sein, wenn es mit der Ausbildung ein bisschen dauert.“