München – Der Igel kommt mit dem modernen Menschen und all seinen Erfindungen nur schlecht zurecht. Im Garten muss er sich vor Rasenmähern und Mährobotern in acht nehmen, auf dem Feld schaden ihm Pflanzengifte, und draußen auf der Straße bringen ihn Autos und Lkw in Todesgefahr. Vielleicht lernen erwachsene Igel irgendwann dazu und meiden die Straßen, so gut es geht; doch die Jungen haben einfach noch keine Erfahrung damit und watscheln arglos überall herum.
Denn sie sind alleine unterwegs; ganz ohne Anleitung probieren sie das selbstständige Leben aus. Ab der dritten Woche verlassen sie immer wieder das Nest, laufen herum und probieren alles aus. Zum Beispiel das Futter: Sie beißen einfach in alles hinein, was ihnen gefällt, „schäumen es im Maul auf und schmieren es sich dann über die Stacheln am Kopf“, erklärt Annika Lange. Sie ist die Igel-Expertin des LBV und weiß so einiges über die stacheligen „Sympathieträger“. Warum aber das potenzielle Fressen auf solch seltsame Weise erprobt wird, weiß sie, wie auch die gesamte Forschung, noch nicht.
Doch im Gegensatz zu den jungen Igeln da draußen wissen die Experten immerhin, welches Futter den Igeln bekommt: ein Gemisch aus Katzenfutter, Igeltrockenfutter und ungewürztem Rührei. „Igel sind Fleischfresser“, erklärt Lange. „Auf keinen Fall sollten Speisereste oder Obst gefüttert werden. Auch Milch vertragen sie nicht und können sogar daran sterben.“ Eine Futterstelle mit dem passenden Fressen und einer kleinen Wassertränke kann kleinen und schwachen Igeln helfen, rechtzeitig vor dem Kälteeinbruch genug Winterspeck zu bekommen. Die Igel kennen dann die Stelle und kommen abends regelmäßig an das kostenlose Buffet. Doch Tierfreunde sollten den Napf täglich auswaschen, um Krankheiten zu vermeiden, außerdem sollte der Platz vor Regen geschützt sein – und vor Katzen: Die fressen das Futter nämlich genauso gern.
Wer den Tierchen eine faire Überlebenschance geben will, sollte außerdem gerade jetzt in der Abend- und Morgendämmerung vorsichtig fahren. Wenn ein Igel auf der Straße stehen bleibt oder sich zusammenrollt, sollte man „vorsichtig bremsen, ohne die nachfolgenden Autos zu gefährden“, sagt Lange, „und den Igel möglichst zwischen die Reifen nehmen. Denn die meisten Autos haben ausreichend Bodenfreiheit.“
Was man allerdings nicht tun sollte: Kleine Igel ohne Not zu sich zu nehmen. Wer ein Nest ohne Mutter entdeckt, sollte erst einmal abwarten und nur aus der Ferne beobachten; die Mutter ist oft stundenlang weg, auf Nahrungssuche. Wirklich Hilfe brauchen aber nur verletzte oder kranke Igel. „Tatsächlich hilfsbedürftige Igelkinder haben geschlossene Augen und Ohren, sind oft nicht oder nur spärlich behaart, fiepen laut und befinden sich außerhalb des Nestes“, erklärt Lange. Auch wenn Igel verletzt sind, apathisch wirken, viele Parasiten haben oder röcheln, husten, torkeln und sich nicht einrollen, sind sie hilfsbedürftig. Dann sollte man einen Tierarzt rufen. Denn wenigstens von einem Teil des menschlichen Fortschritts kann der Igel profitieren: von der Tiermedizin.
Igel entdeckt?
Wer einen Igel, egal ob tot oder lebendig, sichtet, kann ihn auf der Seite igel-in-bayern.de melden. Wissenschaftler werten die Daten aus, um zu erfahren, wie es dem Igel in Bayern geht.