Gefällte Bäume, gestapelte Stämme und tiefe Radspuren – was manchen Spaziergänger stört, ist im Wirtschaftswald normaler Arbeitsalltag. Anita Ottmann, die das Forstrevier Fürstenfeldbruck bei der Bayerischen Forstverwaltung leitet, erklärt, warum der Waldumbau notwendig ist.
Was macht ein Förster in der täglichen Arbeit?
Ich bin zuständig für die Beratung der privaten Waldbesitzer in meinem Revier. Die können mich zu allen Fragen, die rund um den Wald auftauchen, anrufen und ich helfe mit meinem Fachwissen weiter. Die meisten Waldbesitzer haben ja keine Ausbildung in Waldbewirtschaftung. Ich berate gemeinwohlorientiert, um den Wald ein bisschen besser an die nächste Generation weitergeben zu können.
Ist dieses Angebot gebührenpflichtig?
Dieser Service vom Freistaat Bayern ist für die Waldbesitzer kostenlos. Außerdem bewirtschafte ich die Wälder der meisten Gemeinden im Landkreis. Dort schaue ich nach dem Rechten, zeichne die Bäume aus, die gefällt werden sollen, und kümmere mich um die Verjüngung. Eine ganz wichtige Aufgabe in meinem Revier ist die Waldpädagogik. Alle dritten Klassen – das sind in meinem Revier über 80, so viele wie in keinem anderen Revier in Bayern – sollen einen Vormittag mit dem Förster in den Wald. Zusammen mit der Waldbesitzervereinigung Fürstenfeldbruck und engagierten Waldbesitzern bin ich gerade dabei, ein neues Angebot zu schaffen, Führungen von Waldbesitzern unter dem Motto: Waldbesitzer erklären Forstwirtschaft.
Was beschäftigt Sie am meisten?
In den letzten Jahren war auch die Borkenkäferbekämpfung, vor allem das rechtzeitige Auffinden der Käferbäume, eine zeitintensive Aufgabe. Jeder Waldbesitzer ist dazu verpflichtet. Wenn es jemand nicht so genau damit nimmt, komme ich ins Spiel. Notfalls kann ich in Zusammenarbeit mit dem Landratsamt auch einen Forst-Unternehmer losschicken und der Waldbesitzer muss dann bezahlen. Gott sei Dank schauen die meisten selber gut nach und solche Ersatzvornahmen kommen sehr selten vor. Ein weiterer Teil meiner Arbeit ist die Planung und Durchführung von Fördermaßnahmen für die Waldbesitzer. Wer mit Laubholz aufforstet, kann dafür Zuschüsse bekommen.
Warum ist der Waldumbau so wichtig?
Die fichtenreichen Wälder, die vor 50 bis 100 Jahren begründet wurden, passen in sehr vielen Fällen heute nicht mehr zum Standort. Das merkt man auch an den vielen Sturm- und Borkenkäferschäden in den letzten 30 Jahren. So richtig los ging es mit dem Waldumbau nach den Stürmen Vivian und Wiebke im Jahr 1990. Waldumbau bedeutet, die Wälder für die künftigen Wuchsbedingungen und Anforderungen fit zu machen. Leider genügt es nicht, die heutigen Wuchsbedingungen zu berücksichtigen, denn keiner von uns glaubt doch daran, dass die Temperatur sich nicht mehr weiter erhöhen wird. Auch die Niederschlagsverteilung hat sich heute schon massiv verändert und wird es weiter tun. Auch die Sturmereignisse haben zugenommen und werden sicher nicht mehr weniger. Mit Sturm, hohen Temperaturen und weniger Wasser haben die Fichten bei uns große Probleme. Sie kommen eigentlich ja aus dem Gebirge und können mit Hitze nur schlecht umgehen. Sie werden dann eine leichte Beute für den Borkenkäfer.
Auf unseren guten Böden wachsen sie zudem recht hoch, was bei Sturm mit ihrem sehr flachen Wurzelwerk schnell zum Umfallen führt. Aus diesen Gründen müssen sich die Wälder wandeln. Hin zu einem artenreicheren, naturnäheren Wald.
Wie soll der aussehen?
Ein Laubwald, der von Natur aus bei uns wachsen würde – mit Buche, Ahorn, Eiche, Linde, Tanne und nur einzelnen Fichten. Wir brauchen auf alle Fälle für die Zukunft Bestände aus mindestens sechs Baumarten, um die Risiken gut zu verteilen. Damit vermeiden wir auch, dass wieder große Kahlflächen entstehen, die die Verjüngung sehr erschweren. Der Klimawandel macht zusätzlich Probleme, weil immer mehr wärmeliebende neue Schädlinge zu uns einwandern und unsere Wälder bedrohen. Ganz aktuell der Eichenprozessionsspinner, der immer weiter nach Südbayern vordringt. Ich habe in den 90er-Jahren studiert, da lag die Durchschnittstemperatur für Freising bei 7,5 Grad – heute sind wir schon bei knapp 10 Grad Celsius.
Wie sieht es mit der Akzeptanz aus?
Wenn man persönlich mit Menschen spricht, erfahre ich sehr viel Zustimmung. Kritische Anmerkungen kann man meistens recht schnell erklären. Man muss nur mit den Leuten reden. Das gilt für meine Waldbesitzer genauso wie für die Bürger. Ab und zu gibt es natürlich auch unangenehme Begegnungen, zum Beispiel wenn Spaziergänger sich tierisch über mein Auto aufregen, aber mein Revier ist zu groß, um alles zu Fuß erledigen zu können. Auch mit den Kollegen vom Naturschutz komme ich hier in Fürstenfeldbruck gut zurecht. In weiten Teilen wollen wir ja alle das Gleiche – einen schönen, gesunden Wald, der auch Holz liefert und seine Klimaschutzwirkungen gut erfüllen kann. Es gibt keinen klimafreundlicheren Roh- und Baustoff als Holz.
Ein großes Thema ist der Verbiss.
Bei vielen Jägern ist die Akzeptanz für den Waldumbau zwar vorhanden. Leider haben sie es aber in vielen Revieren noch nicht geschafft, den Rehwildbestand so anzupassen, dass die von Natur aus aufkommende oder gepflanzte Laubholzverjüngung ohne Schutz aufwachsen kann. Es werden einfach noch zu viele Laubbäume verbissen. Die Rehe fressen im Winter gerne die Knospen, das tut den Bäumchen natürlich nicht gut. Besonders gerne fressen sie leider Laubholz. Wir müssen es schaffen, Wald und Wild unter einen Hut zu bringen. Gerade, wenn wir hin zu mehr Laubholz wollen und müssen. Dazu brauchen wir die Unterstützung und Hilfe der Jäger durch eine bestandsangepasste Jagd. Wenn wir auf großer Fläche ohne Zaun wirtschaften können, werden wir mit dem Waldumbau schnell vorankommen. Das verbessert dann natürlich auch die Lebensbedingungen der Rehe.
Interview: Christian Vordemann