München – Seit die Schule wieder angefangen hat, achtet Sabine Bösl, Rektorin an der Quirin-Regler-Grundschule in Holzkirchen (Landkreis Miesbach), genau auf den Wetterbericht. „Ich war sehr froh über das schöne Wetter in den ersten beiden Schulwochen“, sagt sie. „Aber damit scheint es nun vorbei zu sein.“ Mit dem Regen und den fallenden Temperaturen nehmen bei der Rektorin die Sorgen zu, wie sie den Schulbetrieb in Corona-Zeiten aufrechterhalten kann. Einer von vielen Punkten, über die sie sich Gedanken macht, ist das Lüftungskonzept bei kalten Außentemperaturen. „Dass wir Lüften müssen, ist klar“, sagt Bösl. „Schüler und Lehrer werden sich also warm anziehen müssen, mit Jacke, Mütze, Schal und Handschuhe, dann machen wir die Fenster auf.“ Eine andere Lösung, sagt Bösl, sei ihnen nicht eingefallen.
Bayerns Regierung bietet den Schulleitern nun eine Alternative an. Am Dienstag hat das Kabinett ein Förderprogramm für den Einbau von Lüftungsanlagen in Schulen und Kitas beschlossen. Bis zu 50 Millionen Euro sollen hierfür bereitgestellt werden. Im Herbst und Winter, erklärte Ministerpräsident Markus Söder (CSU), habe das Lüften eine enorme Bedeutung, um die Virenlast in Innenräumen zu verringern. Versprochen sei Unterstützung bei der „Umsetzung technischer Maßnahmen zum infektionsschutzgerechten Lüften oder bei der Ertüchtigung beziehungsweise Neuinstallation raumlufttechnischer Anlagen“, sagte eine Sprecherin des Kultusministeriums. Zudem sollen CO2-Messgeräte für Schulen und Kitas eingekauft werden.
„Das Förderprogramm der Staatsregierung ist ein erster Schritt in die richtige Richtung“, sagt Heinz-Peter Meidinger, Präsident des Deutschen Lehrerverbandes (DL). „Allerdings frage ich mich schon, warum sich die Staatsregierung mit dieser Entscheidung so lange Zeit gelassen hat.“ Lehrerverbände fordern schon länger, die Klassenräume mit Luftfilteranlagen auszurüsten. Auf dem Schulgipfel, der Ende August in München unter Söders Vorsitz stattfand, wurde das Thema zwar diskutiert, allerdings gab es kein Ergebnis. „Erst jetzt, da sich zeigt, dass Hygienekonzepte zwar auf dem Papier gut aussehen, in der Praxis aber nicht eins zu eins umsetzbar sind, kommt Bewegung in die Sache“, sagt Meidinger.
„Es ist auf eine intensive Lüftung der Räume zu achten“, heißt es in dem Anfang September verabschiedeten Hygieneplan für Bayerns Schulen. Mindestens alle 45 Minuten soll über vollständig geöffnete Fenster eine Stoßlüftung vorgenommen werden, da eine Kipplüftung weitgehend wirkungslos sei. „Es gibt aber Klassenzimmer, gerade in höheren Stockwerken, in denen sich wegen Unfallgefahr die Fenster nur teilweise öffnen lassen“, sagt Meidinger. „Diese Sperren kann man jetzt allein schon aus Sicherheits- und Haftungsgründen nicht einfach abmontieren.“ Auch deshalb ist für Meidinger der Einsatz von Luftfiltergeräten „alternativlos“. „Außer natürlich, man will die Maske im Unterricht dauerhaft einführen.“
Unlängst hat die Universität der Bundeswehr Neubiberg die Wirksamkeit von Raumluftreinigern untersucht. Das Ergebnis der bisher zwei durchgeführten Studien: Geräte, die mit einem speziellen Filter (H14-HEPA) ausgestattet sind, können die Aerosolkonzentration in der Luft effektiv verringern. Aerosole tragen maßgeblich zur Verbreitung des Coronavirus bei, da diese Trägerpartikel über Stunden im Raum schweben können. Rund 3500 Euro kostet ein in den Studien getestetes Gerät.
Ende August hatte der Bayerische Philologenverband 100 Millionen Euro gefordert, um Klassenzimmer mit Luftfiltergeräten auszustatten. Mit den jetzt in Aussicht gestellten 50 Millionen Euro ist der Vorsitzende des Verbandes, Michael Schwägerl, dennoch zufrieden. „Es ist immerhin ein Anfang“, sagt er. Allerdings komme es jetzt darauf an, dass die Geräte möglichst schnell besorgt und installiert würden.
Grundschuldirektorin Bösl steht einem möglichen Einsatz von Luftfilteranlagen offen gegenüber, auch wenn sie Zweifel hat, ob es zeitlich noch klappt. „Meine Einschätzung ist“, sagt sie, „dass wir vorerst bei unserem Lüftungskonzept mit Mütze und Handschuh bleiben müssen.“ Hoffentlich, fügt Bösl hinzu, werde dadurch keiner krank.