Höchste Zeit für den Alm-Abtrieb

von Redaktion

WINTEREINBRUCH Schnee in den Bergen – Viehscheid mancherorts verschoben

Bad Hindelang – Das erste schmuddelige Herbstwochenende hatte es in sich: kalter Regen, dichte Wolken und ein halber Meter Neuschnee auf der Zugspitze. Höchste Zeit also auch für den Viehscheid in Bayern.

Geschmückt, aber ohne großes Aufsehen bringen bayerische Bergbauern derzeit ihre Rinder in die Täler. Das war bisher eine Touristenattraktion, doch coronabedingt fällt dieses Spektakel heuer unscheinbarer aus.

Wann Bernadette und Max Kotz mit 216 Rindern den Heimweg von ihrer Alpe antreten, war selbst in ihrer Heimat Bad Hindelang (Landkreis Oberallgäu) heuer ein wohlgehütetes Geheimnis. Bescheid wussten nur Helfer und die Besitzer der Tiere. Am Samstag war es dann soweit. Mit den ersten größeren Schneefällen in den Alpen endete für die Kühe die Sommersaison 2020.

Die Feste, die sonst am Ende des Alpsommers stattfinden, sind auch bei internationalen Gästen beliebt. 2019 empfahl der Reiseführer „Lonely Planet“ das Spektakel mit geschmückten Kranzrindern, Bierzelten und Krämermärkten in Orten wie Oberstdorf, Pfronten und Bad Hindelang gar als eines von 1000 „einmaligen Erlebnissen“ in Europa. „Der Viehscheid war für uns von großer Bedeutung“, sagt der Tourismusdirektor von Bad Hindelang, Max Hillmeier. „Viele Gäste kommen extra zu diesem Datum zu uns.“ Doch Festlichkeiten fallen heuer aus, Zuschauermassen auf dem Weg ins Tal sollen vermieden werden.

Der Alpwirtschaftliche Verein im Allgäu sieht die Situation positiv. „Das hat vor allem für die Landwirte Vorteile“, sagt Geschäftsführer Michael Honisch. Ohne Touristenspektakel hätten die Tiere weniger Stress, und die Bauern könnten ihre Rinder leichter abholen.

Dem Vieh-Abtrieb von der 1692 Meter hohen Rossalm am Geigelstein im Chiemgau hat der plötzliche Wintereinbruch indes einen Strich durch die Rechnung gemacht. Aufgrund von 50 Zentimetern Neuschnee, Schneesturm und schlechter Sicht mussten 36 Stück Vieh noch in den Alm-Stallungen bleiben. Insgesamt verbringen in Bayern jedes Jahr rund 55 000 Rinder, Schafe, Ziegen und Pferde den Sommer auf Alpen und Almen.   dpa/mm

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