Der Mutmacher im Paradies

von Redaktion

Sicherheit für die Branche: Aiwanger hält ein Plädoyer für den Wintertourismus in Bayern

Garmisch-Partenkirchen – Hubert Aiwanger schnauft tief durch, saugt sie auf, die oberbayerische Luft am Rießersee oberhalb von Garmisch-Partenkirchen. „Das ist schon ein Ort hier, an dem es der liebe Gott besonders gut mit uns gemeint hat, beinahe das Paradies.“ Der bayerische Wirtschaftsminister von den Freien Wählern ist zum zweiten Mal hier. Die Wahl auf Garmisch-Partenkirchen fiel für dieses kurzfristig angesetzte Pressegespräch nicht ganz von ungefähr. „Hier ist die Welt noch in Ordnung“, diktiert der Niederbayer den Journalisten in die Blöcke.

Aiwanger ist ins Werdenfelser Land gekommen, um eine zentrale Botschaft loszuwerden: „Wintertourismus ist vertretbar.“ Dazu steht der zweite Mann in Bayern. „Wir wissen, wie wir es anpacken müssen: Maske auf und Abstand halten, wenn’s eng wird – wenn wir das einhalten, wird nicht mehr passieren als im Sommer.“ Er sieht den Zeitpunkt als gekommen an, der Branche „Sicherheit zu geben“. Denn: „Der Winter klopft schon an die Tür, das ist mir beim Herfahren in die Region bewusst geworden.“

Aiwanger sieht Bayern gerüstet für den Winter. „Wir sind ein sicheres Urlaubsland.“ Speziell in der Gastronomie oder Hotellerie sei es zu keinen großen Corona-Ausbruch gekommen. Wenn es die Menschen – egal ob Gäste oder Einheimische – mit Vernunft angehen, „dann können wir auch diesen Winter in vollen Zügen genießen“. Er vergleicht den Wintertourismus, den Tagesskiausflug gar mit einem Einkauf im Supermarkt oder einem Spaziergang durch die Innenstadt. „Den Mut möchte ich aussenden, dem Tourismus optimistisch entgegenzugehen.“

An den Konzepten für Bergbahn- oder Liftbetreiber wird seit dem Sommer schon gefeilt. „Und wir werden nachsteuern, wenn es sein muss“, verspricht der Minister. Abstand und Maske seien auch in diesem Fall die Basis. „Natürlich sollten wir uns beim Anstehen am Lift nicht in 20er-Gruppen kuscheln“, sagt Aiwanger und lacht. Detaillierte Konzepte für Skikurse, Trainingsgruppen oder aber den Rennbetrieb liegen vor. Das untermauerte auch Herbert John, der Interimspräsident des Bayerischen Skiverbands. „Wir können den Wintersport abwickeln“, stellte er klar. „Die Konzepte existieren nicht nur auf dem Papier, sondern sind auch umsetzbar.“

Darin sieht Aiwanger auch aus touristischer Warte kein Problem. „In der Gondel stehe ich vielleicht ein paar Minuten. Wenn man sich nicht gerade ohne Maske direkt anhustet, ist das sicherer als so manche Fahrt im Personennahverkehr, wo die Züge oder Busse voll sind.“ Die Seilbahnen stellen in seinen Augen das geringste Risiko dar.

Generell hielt der 49-Jährige ein Plädoyer für den Bergbahnbetrieb und auch die künstliche Beschneiung, titulierte es als „klares Bekenntnis“. 122 Seilbahnen gebe es in Bayern, 583 Liftanlagen in mehr als 100 Skigebieten. „Wir brauchen sie, um die Menschen vernünftig in die Berg zu bringen. Denn ohne laufen die Menschen quer durch den Wald und verschrecken noch unser Wild.“ Die Staatsregierung werde ihr Möglichstes tun, um Anlagen zu modernisieren, und die Beschneiung zu gewährleisten. „Wenn wir es nicht tun, fahren die Menschen nach Österreich, denn dort ist das eine Selbstverständlichkeit.“

Und so schließt sich der Kreis zu Garmisch-Partenkirchen. Als einzige Kommune in Deutschland verfügt die Marktgemeinde über fünf beschneite Talabfahrten. „Der Wintertourismus ist überlebenswichtig für uns“, machte Landrat Anton Speer, Aiwangers Parteifreund, nochmals klar. „Neben der Gesundheitsregion ist er unser wichtigstes Standbein.“ Ob der Region nach den vielen Debatten über Overtourism im Sommer nicht ein wenig zu viel zugemutet wurde?, möchte ein Journalist dann doch wissen. Aiwanger blockte nicht uncharmant ab: „Die Steuerungskonzepte vor Ort sind mittlerweile sehr ausgefeilt.“ Das freilich wird sich erst zeigen. CHRISTIAN FELLNER

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