München – Wenn Monika Kastner aus Puchheim (Kreis Fürstenfeldbruck) einkaufen geht, dann hat sie ein ungutes Gefühl. Auch mit den öffentlichen Verkehrsmitteln mag sie nicht fahren – denn sie kann aus gesundheitlichen Gründen keine Mund-Nasen-Bedeckung tragen. „Immer wieder wird man ohne Maske angefeindet“, sagt sie. „Man wird angeschaut wie ein Schwerverbrecher.“
Die 48-Jährige hat psychische Probleme und ist in Therapie. „Mit einer Maske bekomme ich große Panik und fange an zu zittern“, erzählt sie. Ihr Arzt habe das mit einem Attest bestätigt. Ihr ist wichtig: „Ich mache das nicht gaudihalber“, betont sie. „Sondern es hat einen guten Grund, warum ich keine Maske tragen kann.“ Trotzdem hat sie im Alltag immer wieder Probleme. Vor einiger Zeit bekam sie bei einem Aldi-Markt Hausverbot. „Mir wurde gesagt, dass ich trotz Attest dort nicht einkaufen darf“, erzählt sie. Sie habe noch bezahlt und dann das Geschäft gleich verlassen.
Ähnliche Erfahrungen hat Olaf Zander gemacht. Der 51-Jährige aus dem Kreis Fürstenfeldbruck ist schwerbehindert, er hat eine Herzkrankheit und Asthma. Die Folge: starke Atemnot. „Ich habe probiert, eine Maske zu tragen“, sagt er. „Aber es geht nicht.“ Er hat ebenfalls ein Attest – und stößt trotzdem oft auf Unverständnis. „Man wird beleidigt und als Spinner beschimpft“, sagt er. Auch das Tragen eines Gesichtsvisiers ändere daran nichts: „Es gab schon Leute, die versucht haben, mir das Visier vom Kopf zu reißen.“
Zander geht meistens in Geschäfte, wo man ihn kennt. Ansonsten zeigt er sein Attest vor. „Zu mir wurde schon gesagt, ich soll am besten um halb sieben Uhr morgens einkaufen“, erzählt er. Eine Lösung sei das aber nicht. Oft nimmt der 51-Jährige eines seiner Kinder zum Einkaufen mit. Dass diese eine Mund-Nasen-Bedeckung tragen, zeige, dass er kein genereller Maskenverweigerer sei. Auch in Bahn und Bus fühlt er sich nicht wohl. „Ich hoffe, ich werde nicht irgendwann rausgeworfen“, sagt er.
Kranke wie er leiden darunter, dass es auch Menschen gibt, die sich ohne Grund weigern, eine Maske aufzusetzen. Außerdem stehen einige Mediziner unter Verdacht, Gefälligkeits-Atteste auszustellen und gesunden Patienten zu bescheinigen, dass sie keine Mund-Nasen-Bedeckung tragen können. Die Bayerische Landesärztekammer will das jedoch nicht hinnehmen – beim Bayerischen Ärztetag kommendes Wochenende ist das Thema.
Laut dem bayerischen Gesundheitsministerium sind Personen, „die glaubhaft machen können, dass ihnen das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung aufgrund einer Behinderung oder aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich oder unzumutbar ist, von der Trageverpflichtung befreit“. Belege könnten zum Beispiel ein Attest, ein Schwerbehindertenausweis oder Mitführen eines Sauerstoffgeräts sein. Entscheidend sei immer der Einzelfall. Eine Verpflichtung, dass Kunden einem Ladeninhaber ein Attest vorlegen müssen, gebe es nicht, erklärt eine Gesundheitsministeriumssprecherin. „Ob dieser einem Kunden ohne Mund-Nasen-Bedeckung Zutritt gewährt, ist eine Frage des Hausrechts“, sagt sie. In der Infektionsschutzmaßnahmenverordnung werde das nicht geregelt. Im Bus- und Bahnverkehr wiederum haben die Verkehrsunternehmen das Hausrecht.
Oberste Priorität habe der Schutz der Gesundheit von Mitarbeitern und Fahrgästen, erklärt eine Sprecherin der Bahn. Aber: „Wer aus medizinischen Gründen keine Maske tragen kann, ist dazu auch nicht verpflichtet.“ Das Zugpersonal sei dazu berechtigt, in diesen Fällen die Fahrgäste um die Vorlage eines Attests zu bitten. Ähnlich ist es bei Aldi Süd: „Kunden, die aus gesundheitlichen Gründen von der Maskenpflicht befreit sind und dies mit der Vorlage eines entsprechenden Attests nachweisen, dürfen ohne Maske einkaufen“, betont ein Sprecher. Sollte das bei Monika Kastner anders gelaufen sein, „bedauern wir das sehr.“ „Gerne würden wir uns persönlich bei unserer Kundin entschuldigen“, sagt der Sprecher. Ein Gespräch ist bereits geplant.
Entscheidend ist der Einzelfall