Der Co-Pilot will den Kurswechsel

von Redaktion

Humls neuer Staatssekretär setzt sich für grundlegende Veränderungen im Gesundheitswesen ein

München – Klaus Holetschek (CSU) hat die Politik von vielen Seiten gesehen. Er war Bürgermeister in Bad Wörishofen und Bundestagsabgeordneter in Berlin. Heute sitzt er im Landtag in München und wechselte vor sieben Wochen als Staatssekretär vom bayerischen Bau- ins Gesundheitsministerium. Holetschek, in der Gesundheitspolitik zu Hause, wurde infolge der Corona-Test-Pannen geholt, um Ministerin Melanie Huml (CSU) zu unterstützen. Er sieht sich als ihr „Co-Pilot“.

Doch das soll nicht heißen, dass Holetschek keine eigenen Pläne hat. Im Gegenteil: Er würde am liebsten das gesamte Gesundheitswesen umkrempeln. Seine Kritik: Im jetzigen System hätten sich Strukturen verselbstständigt, „und wir sind nicht mehr in der Lage, einige Dinge zu verändern“. Zudem sei die Transparenz verloren gegangen. „Die Leute wissen nicht mehr, wer was entscheidet“, sagt Holetschek.

Vor diesem Hintergrund stellt er auch die Frage: „Wird unser oft gerühmtes Prinzip der Selbstverwaltung nicht vielleicht doch überschätzt?“ Zur Erklärung: Anstelle staatlicher Vorgaben sollen in Deutschland Kassen und Vertreter der Leistungserbringer wie die Kassenärztliche Vereinigung Bayern (KVB) gemeinsam viele Aspekte des Gesundheitssystems gestalten. Einflussreiche Strukturen sind so entstanden. Holetschek findet allerdings, die Corona-Krise habe gezeigt, dass die Aufgaben dieser Akteure genauer definiert werden müssten – inklusive der Frage, wo der Staat mehr Einfluss brauche. „Natürlich müssen wir uns auch über die KVB unterhalten“, sagt Holetschek. Man wird es dort aufmerksam wahrnehmen.

Der 55-Jährige will viele Steine umdrehen. Er hinterfragt das Fallpauschalensystem, das Kliniken für Schnelligkeit belohnt. „Versündigen wir uns letztlich nicht an den Bürgern, wenn wir zulassen, dass unser Gesundheitssystem die Zuwendung zum Patienten ökonomisch bestraft?“ Und: „Ist Pflege im Minutentakt eigentlich noch menschenwürdig?“ Auch den Stellenwert von Prävention möchte er stärken und eine sektorenübergreifende Versorgung vorantreiben. Ein staatliches Gesundheitssystem wie in Großbritannien befürworte er aber nicht. Vielmehr kann er sich vorstellen, die Patienten über Bürger-Räte an Reformen zu beteiligen.

Holetschek stellt viele Fragen. Ein Patentrezept für die Antworten hat er aber nicht. Der bayerische Staatssekretär weiß um seine begrenzte Macht im stark von Berlin aus bestimmten Gesundheitswesen. Doch er glaubt, dass jetzt die richtige Zeit ist, um einige Dinge zu verändern. Die Frage sei: „Wo würden wir ansetzen, wenn wir die Chance hätten, alles neu zu denken?“ Diese Diskussion wolle er anstoßen – und zwar „in allen Bereichen“. SEBASTIAN HORSCH

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