Wird der „Mohr“ vom Wappen verbannt?

von Redaktion

VON CLAUDIA SCHURI UND KATHARINA BROMBERGER

München – Brauchen die Landkreise Freising und Garmisch-Partenkirchen ein neues Wappen? Das zumindest wünscht sich eine Bürgerin, die eine Petition an den Landtag eingereicht hat. Denn: Auf den Wappen der beiden Kreise ist ein „Mohr“ mit krausen Haar, einem großen Ring im Ohr und einer Krone auf dem Kopf zu sehen. Das sei rassistisch, findet die Petentin. Die stereotypische Darstellung vermittle „ein falsches kolonialisiertes Bild der gesamten afrikanischen Bevölkerung“. Dadurch würden Vorurteile gefördert. Die Frau fordert, dass der Landtag Maßnahmen ergreift, um Mohre auf Wappen zu unterbinden. Dabei bezieht sie sich auf die Landkreise Freising und Garmisch-Partenkirchen und auf die Stadt Coburg, aber auch auf alle anderen Gemeinden mit der Figur. Sie schlägt vor, in Garmisch-Partenkirchen zum Beispiel die Zugspitze statt des Mohren abzubilden.

Der Mohr auf dem Coburger Stadtwappen machte bereits im Sommer Schlagzeilen: Juliane Reuther und Alisha Archie hatten eine Online-Petition gestartet, damit das Wappen geändert wird (wir berichteten). Die Landtagspetition hätten sie aber nicht initiiert, so Reuther. „Wir wissen nicht, wer dahintersteckt“, sagt sie. „Aber wir finden es toll, dass jemand seine Energie in das Thema steckt.“ Knapp 3900 Unterschriften haben die Berlinerinnen, die in Oberfranken aufgewachsen sind, für die Änderung des Coburger Wappens gesammelt. Eine Gegen-Petition wiederum setzt sich für den Mohren auf dem Wappen ein. Die Figur soll den Coburger Stadtpatron, den heiligen Mauritius, darstellen.

Anders ist es in Freising. „Das Freisinger Wappen zeigt nicht den heiligen Mauritius“, betont Landratsamts-Sprecher Robert Stangl. Der Kopf sei ein Herrschaftssymbol der Freisinger Bischöfe. „Es ist davon auszugehen, dass die Bischöfe des 13. Jahrhunderts ihre Überlegenheit gegenüber weltlichen Fürsten durch einen dunkelhäutigen Sympathieträger ausdrücken wollten“, erklärt er. Ob es sich um eine reale oder fiktive Person handelte, sei unklar. Abwegig sei jedenfalls, die Deutung des Mohren als Sklaven: „Keinem Wappenträger war daran gelegen, sich mit einer Darstellung zu präsentieren, die er selber verachtet.“ Der Ursprung des Bildes liege im 14. Jahrhundert und habe nichts mit dem Kolonialismus zu tun. „Der Landkreis Freising identifiziert sich mit dem Afrikaner in seinem Wappen“, betont Stangl. Ein neues Wappen würde viel Aufwand bedeuten: „Es würde große Kreise ziehen“, sagt er. Stelen, Statuen, Veröffentlichungen – alles müsste geändert werden. Der Landkreis hat gebeten, die Petition zurückzuweisen, da die Begründung „durchwegs nicht zutreffend“ sei.

Der Kreis Garmisch-Partenkirchen lehnt die Petition ebenfalls ab. Landrat Anton Speer (Freie Wähler) hat eine knapp dreiseitige Stellungnahme an das Innenministerium geschickt. „Die Darstellung des dunkelhäutigen Kronenträgeres ist keineswegs rassistisch“, betont er. Ausführlich erläutert er in dem Schreiben die historischen Hintergründe des Wappens. Demzufolge symbolisiert der Garmisch-Partenkirchener Mohr die Zugehörigkeit der Grafschaft Werdenfels zum Fürstbistum Freising.

Johann Keller vom Bayerischen Landkreistag gibt einen weiteren Punkt zu bedenken: „Die Aufnahme eines Menschen in ein Wappen ist eine Auszeichnung. Es wäre jammerschade, wenn Menschen mit anderer Hautfarbe dort nicht mehr dargestellt würden.“ Die Gestaltung der Figur dürfe man nicht nur aus heutiger Sicht beurteilen, sondern man müsse auch die Historie beachten.

Ob sich der Ausschuss für Eingaben und Beschwerden noch in diesem Jahr mit der Petition beschäftigt, ist unklar. Die Staatsregierung muss bis Ende Oktober eine Stellungnahme abgeben. Wichtig sei zunächst eine Frage, erklärt Stephanie Schuhknecht (Grüne), Vorsitzende des Petitionsausschusses: „Es geht darum, ob wir überhaupt zuständig sind oder ob es nicht die kommunale Planungshoheit ist.“

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