von Redaktion

VON SUSANNE SASSE

München – Auch ein bayerischer Justizminister ist nicht gegen den Vorführeffekt gewappnet. Die erste Drohne, die Georg Eisenreich (CSU) gestern über Stadelheim abschießen wollte, fiel schon vom Himmel, als der Minister gerade erst durchs Visier blickte. „Das war der Blick“, witzelte eine Mitarbeiterin. Aber als dann die zweite Drohne über dem Sportplatz der Haftanstalt herumsurrte, traf der Minister und holte sie vom Himmel. Per Dropster.

Das ist eine in der Schweiz entwickelte Gas-Waffe, mit der ein Netz (2,40 auf 2,40 Meter) in die Luft geschossen wird, in dem sich die Drohne dann verfängt. Auf einen zweiten Schuss verzichtet der Minister aber, „man soll das Glück nicht herausfordern“. Nach dem Startschuss Eisenreichs für das Pilotprojekt durfte sich auch Petra Guttenberger, die Vorsitzende des Rechtsausschusses im Landtag mit der Drohnenabwehr-Waffe schießen.

Doch geht es um mehr als um Treffsicherheit: Drohnensichtungen über bayerischen Haftanstalten nehmen zu und werden immer mehr zum Sicherheitsrisiko. Zuletzt wurde am Dienstag über dem Gelände der JVA Stadelheim eine Drohne gesichtet. Insgesamt gab es in den vergangenen Jahren 57 Drohnensichtungen über Bayerns 36 Haftanstalten. Zwei mal wurde sogar versucht, etwas einzuschmuggeln. Einmal fanden Beamte eine Waffe, die per Drohne über die Gefängnismauern gebracht worden war, einmal ein auf ein JVA-Gelände geflogenes Drogenpäckchen. Laut Ministerium gibt es aber keinen verifizierten Fall, in dem es tatsächlich geklappt hat, etwas per Drohne in eine JVA einzuschmuggeln. Aber dass das bald wieder versucht werden wird, ist absehbar – auch wenn über Gefängnissen und 100 Meter in deren Umkreis Flugverbot gilt.

Die Drohnenpiloten zu schnappen, ist schwierig. „Mit dem neuen Abwehrsystem können wir Drohnen mithilfe eines Fangnetzes gezielt zum Absturz bringen“, sagte Eisenreich. Das Drohnenabwehrsystem soll zunächst in acht Pilotanstalten bayernweit erprobt werden. Zusätzlich sind lichtdurchlässige Gitter vor Fenstern installiert worden, um zu verhindern, dass Gegenstände ins Gefängnis geliefert werden. Denn die Gefahr durch Drohen steigt mit deren Entwicklung: Schon heute kann ein günstiges Exemplar schon 500 Gramm transportieren, etwas größere sogar mehrere Kilogramm – neben Kameras eben auch Waffen, Drogen oder Sprengstoff.

Die 15 Drohnenabwehrgeräte werden nun in den JVAs in München, Amberg, Landsberg am Lech, Crailsheim, Regensburg, Straubing, Würzburg und Nürnberg getestet. 100 000 Euro hat der Freistaat dafür investiert. Die Bedienung ist einfach, erklärt Christian Gauer vom Schweizer Hersteller. Es müsse nicht für jeden Übungsschuss eine Drohne geopfert werden – es können auch Heliumballons per Netz gefangen werden. Ein Koffer enthält fünf Netzmunitionen, fünf Gaspatronen, einen Gehörschutz, eine Brille sowie die Waffe und kostet 5000 Euro. An Privatleute werden diese Waffen übrigens nicht verkauft, nur an Polizei und JVAs: „Wir wollen nicht, dass Privatleute damit herumschießen“, sagte Gauer.

Entwickelt hat die Firma das System 1996 gemeinsam mit der Graubündner Kantonspolizei, um das Weltwirtschaftsforum in Davos zu schützen, erklärt Gauer: „Es gab bis dahin keine Möglichkeit für die Polizei, Drohnen auf den letzten Metern zu stoppen.“ Versucht man es per Störsender, besteht die Gefahr, dass auch andere benötigte Signale lahmgelegt werden. Auch in Österreich wird die Fangtechnik per in die Luft geschossenem Netz inzwischen getestet, Bayern ist ihr erster Einsatzort in Deutschland.

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