Augsburg – Zehn Monate nach der tödlichen Auseinandersetzung am Nikolaustag 2019 am Augsburger Königsplatz müssen sich ab morgen drei junge Männer vor dem Augsburger Landgericht verantworten. Die Tat, bei der ein 49 Jahre alter Familienvater ums Leben kam, hatte im vergangenen Dezember bundesweit für Schlagzeilen gesorgt. Da der Getötete Mitglied der Berufsfeuerwehr in Augsburg war, hatten auch viele Feuerwehren in Deutschland des Opfers gedacht. Zudem gab es ein wochenlanges juristisches Tauziehen bis zum Bundesverfassungsgericht um die Haftbefehle gegen mehrere Verdächtige. Die Kripo und die Augsburger Staatsanwaltschaft sahen dabei nicht immer gut aus.
Am Abend des 6. Dezember 2019 waren zwei befreundete Paare nach einem Besuch des Augsburger Weihnachtsmarktes an dem belebten Platz auf eine Gruppe Jugendliche getroffen. Dabei war der 49-Jährige ums Leben gekommen, nachdem sich zwischen den zwei Männern und den sieben Jugendlichen ein Streit entwickelt hatte. Auslöser war nach den Ermittlungen, dass ein Jugendlicher bei den Erwachsenen eine Zigarette schnorren wollte.
Nachdem der 49-Jährige einen aus der Gruppe geschubst hat, soll der damals 17 Jahre alte Hauptbeschuldigte den Kontrahenten mit einem einzigen Faustschlag ins Gesicht umgebracht haben. Bei dem Täter handelt es sich um einen Jugendlichen mit deutscher, libanesischer und türkischer Staatsangehörigkeit. Seinem Opfer riss durch den wuchtigen Hieb eine Schlagader, er starb binnen kürzester Zeit an einer Hirnblutung. Anschließend wurde laut Anklage auch noch der zweite Mann angegriffen und erheblich verletzt.
Nachdem die Teenager geflüchtet waren, konnten sie relativ schnell ermittelt und festgenommen werden. Dabei half der Polizei, dass der „Kö“, wie die Augsburger den Platz nennen, als ein Kriminalitätsschwerpunkt seit Ende 2018 per Video überwacht wird. Die Staatsanwaltschaft warf dem mutmaßlichen Haupttäter zunächst Totschlag und seinen sechs Begleitern Beihilfe dazu vor, alle sieben kamen in Untersuchungshaft.
Doch wegen dieses harten Vorgehens gab es auch heftige Kritik an den Ermittlern. Zunächst hatte die Kripo erklärt, dass das spätere Opfer „plötzlich umringt von diesen sieben jungen Männern“ gewesen sei, dann sei der folgenschwere Schlag erfolgt.
Doch wenig später gab es erhebliche Zweifel an dieser Version. Es tauchte ein Video auf, das das tödliche Verbrechen zeigen soll und von der Überwachungskamera eines Taxis stammen soll. Eine Umzingelung des Opfers ist da nicht erkennbar. Auch in der später eingereichten Anklage findet sich das „Umringen“ des Opfers nicht mehr.
Der ursprüngliche Vorwurf des Totschlags hatte ebenfalls bei vielen Juristen für Kopfschütteln gesorgt. Denn dieser Tatvorwurf bedeutet, dass der 17-Jährige sich in der nur wenigen Sekunden langen Auseinandersetzung entschieden habe, seinen Kontrahenten zu töten oder dessen Tod mit dem Faustschlag zumindest in Kauf zu nehmen. „Das ist völlig untragbar gewesen“, sagt sein Verteidiger Marco Müller dazu. In der Anklage wird nun seinem Mandanten nur noch Körperverletzung mit Todesfolge vorgeworfen. Den Schlag als solchen räumt der Jugendliche nach Angaben seines Anwalts ein.
Auch mit den Haftbefehlen wegen Verdachts der Beihilfe zum Totschlag gegen die Begleiter des 17-Jährigen erlitt die Staatsanwaltschaft Schiffbruch. Nachdem das Amtsgericht die Untersuchungshaft angeordnet hatte, hob das Landgericht Augsburg diese am Tag vor Heiligabend wieder auf. Daraufhin ließ das Oberlandesgericht München (OLG) die sechs Jugendlichen wieder inhaftieren – nach einer Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe kamen sie (bis auf den Hauptangeklagten) aber wieder frei Das Urteil der Jugendkammer des Landgerichts könnte Anfang November verkündet werden.