Im Berchtesgadener Land explodieren die Zahlen

von Redaktion

VON KILIAN PFEIFFER

Berchtesgaden – Im Auftrag des Landratsamtes haben sich am Wochenende mehr als 20 Mitarbeiter mit der Nachverfolgung von Kontakten beschäftigt. Derzeit sind knapp 600 Personen, rund 0,6 Prozent der Bevölkerung, in Quarantäne. Im Landkreis leben rund 100 000 Bürger.

Vorausgegangen war eine Geburtstagsfeier in Anger mit rund 100 Beteiligten und dutzenden Infizierten. Landrat Bernhard Kern (CSU) ist besorgt: 157 Bürger sind Corona-positiv. Die Infektionsherde seien nicht mehr einzugrenzen. Zu der Privatfeier in der 4200-Einwohner-Gemeinde waren Gäste aus weiten Teilen des Landkreises und darüber hinaus gekommen. Landrat Kern klagt: „Das Infektionsgeschehen ist diffus und hat sich mittlerweile über das Berchtesgadener Land ausgebreitet.“

Berchtesgadens Bürgermeister Franz Rasp hatte vergangene Woche in einem Facebook-Video die Schuld an den stark steigenden Zahlen Privatfesten und damit verbundenen „Nachlässigkeiten“ zugeschrieben. Nachdem das Virus nun auch im südlichen Berchtesgadener Talkessel mit seinen fünf Gemeinden angekommen ist, haben die Bürgermeister reagiert. Zutritt zu den Rathäusern ist nur noch nach Anmeldung möglich. Ein großes Altenheim ist ebenso vom Virus betroffen wie Kindergärten und -horte. Mehrere Gruppen sind geschlossen. In der Staatlichen Berufsfachschule in Freilassing sind nach Informationen dieser Zeitung „knapp 20 Lehrer in Quarantäne“, nach mehreren bestätigten Corona-Fällen. Private Feste dürfen nur noch mit Angehörigen zweier Hausstände oder maximal fünf Personen stattfinden.

Häufig sind vernachlässigte Hygienevorschriften das Problem. Erst am Samstagabend musste in Freilassing die Polizei eingreifen. In einer Shisha-Bar waren laut Polizei statt der erlaubten 80 „deutlich über 100“ Personen anwesend. Weder gab es eine Gästeliste noch hielten sich die meisten Gäste an das vorhandene Hygienekonzept. Den Bar-Betreiber erwartet ein Bußgeld.

Die Konsequenzen für die Wirtschaft sind fatal: Zwar ist die touristische Hauptsaison vorbei, doch nun könnte der Plan scheitern, Berchtesgaden auch im Winter für Urlauber attraktiv zu halten. „Wir verzeichnen eine erhöhte Stornierungswelle“, bedauert Brigitte Schlögl, Geschäftsführerin der Berchtesgadener Land Tourismus.

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