Neue Funde in der Hammerschmiede

von Redaktion

VON FREDERIK MERSI UND TATJANA BOJIC

Pforzen – Mehr als 3000 Fossilien hat ein Forscherteam der Uni Tübingen dieses Jahr in der Tongrube „Hammerschmiede“ bei Pforzen (Kreis Ostallgäu) gefunden – und es werden vermutlich noch mehr, sagt die Paläontologin Madelaine Böhme. Am Fundort des Menschenaffen „Udo“, dessen Veröffentlichung 2019 Annahmen zur Entwicklung des aufrechten Gangs infrage gestellt hatte, wurden in den vergangenen sechs Wochen unter ihrer Leitung weitere Grabungen durchgeführt. Viele kleine Bruchstücke sind aber bisher noch nicht ausgewertet worden, doch „im Winter werden die Sachen gesichtet, bestimmt und aufbereitet – da können sich noch einige Überraschungen ergeben“, so Böhme.

Die Forschungsleiterin bezeichnet die Grabungen als „vollen Erfolg“: „Es sind für die Wissenschaft wichtige Funde dabei, aber auch Dinge, die für Laien interessant aufbereitet werden können.“ Einer dieser neuen Funde sei das Teilskelett eines Baby-Hauerelefanten. Der Hauerelefant war eines der größten Landsäugetiere, die vor rund 11,5 Millionen Jahren auf der Erde lebten. 132 Arten haben die Forscher laut Böhme inzwischen in der Tongrube bestimmen können; weiteren Veröffentlichungen wolle sie noch nicht vorgreifen.

Der bekannteste Fund, das rund 11,6 Millionen Jahre alte Teilskelett des Menschenaffen „Udo“ allein, beziehungsweise des „Danuvius guggenmosi“, war schon eine Sensation gewesen. Seine Entdeckung hat Böhme berühmt gemacht. „Wenn ich jetzt auf die Straße gehe, werde ich manchmal erkannt“, sagt Böhme. Die 53-Jährige war in Bulgarien auf die Welt gekommen und noch als Baby in die DDR gekommen. Sie studierte Geologie in Freiburg, promovierte in Leipzig und habilitierte in München. Seit elf Jahren lebt Böhme in der Nähe von Stuttgart; nun arbeitet sie an der Universität von Tübingen. Parallel zu den Ausgrabungen im Ostallgäu erforscht Böhme auch Wüsten. „Ich möchte wissen, wie sie entstehen und wie sie sich wandeln.“ Ihre Publizierung der Entdeckung „Udos“ im Jahr 2019 habe viele Wissenschaftler elektrisiert, erzählt sie; doch es gab auch kritische Stimmen – und Neid. Doch den freudigen Ausruf „Heureka!“ – altgriechisch für „Ich habe es gefunden“ – will sie noch ein paar Mal von sich geben. „Ich will noch Vieles verstehen“, betont Böhme.

Auch in Pforzen. Weil dort parallel eine Oberstdorfer Baufirma Ton abbaut, ist für eine Fortsetzung der Grabungen im Jahr 2021 erneut ein Vertrag notwendig. Dass die Forscher in diesem Jahr nur sechs Wochen in der Tongrube nach Fossilien suchen konnten, lag neben der Corona-Krise und dem Wetter auch daran, dass auch dieses Jahr schon ein Vertrag mit Eigentümern und Baufirma ausgehandelt werden musste. Böhme hofft, dass die neuen Verhandlungen bald beginnen können. Doch bezüglich der Verhandlungen und der Finanzierung des Projekts ist sie optimistisch: „Wir haben zeigen können, dass es sich hier nicht nur um Zufallsfunde handelt.“

Die Ausstellung

„Udo“ wird vom 23. Oktober bis 22. November Thema einer Ausstellung im Fundort Pforzen.

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