Landräte gegen Schulmasken-Pflicht

von Redaktion

VON D. WALTER, C. SCHURI UND T. ZIMMERLY

München – Es klingt wie ein Machtwort: Nach Elternprotesten hat Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) am Dienstagabend die Abschaffung der Maskenpflicht an Grundschulen verordnet. Er wolle die Einschränkungen für die jüngsten Schülerinnen und Schüler „so gering wie möglich“ halten, erklärte Reiter. Nur fünf Prozent der 83 derzeit wegen Coronafällen geschlossenen Klassen seien Grundschul-Klassen. Grundschüler, so folgert Reiter, „sind keine Infektionstreiber.“

Als erster hatte der Ebersberger Landrat Robert Niedergesäß (CSU) reagiert. Er schließe sich der Argumentation von Dieter Reiter ausdrücklich an, erklärte er noch am Dienstagabend. Er habe selten so viele kritische Rückmeldungen erlebt, die „in der Sache auch gut begründet sind“, erläuterte der CSU-Politiker. Die Landkreise Unterallgäu und Landsberg folgten gestern diesem Beispiel.

Überall gibt es, zum Teil sehr emotional, Elternprotest gegen den verhassten „Maskenzwang“. In Dachau gründete sich gar eine Elternbewegung. „Ein Lernen und unbefangenes Aufnehmen von Informationen und Wissen ist nur eingeschränkt möglich und erzeugt das Gefühl, beengt und geistig nicht voll anwesend sein zu können“, begründete eine Mutter ihren Protest. Freilich wolle sie nicht auf den „Verschwörungstheoretikerzug“ aufspringen.

Während München die Maskenpflicht an Grundschulen abschaffte, gehen andere Kommunen den entgegengesetzten Weg, zum Teil mit Differenzen im Detail: Der Landkreis Lindau führte die Maske für alle Schüler und Lehrer gestern ein, weil der Inzidenzwert 50 überschritten wurde. Das bedeute auch Klassenteilung in Präsenz- und Heimunterricht. So ist es seit Längerem auch im Landkreis Fürstenfeldbruck. Dort gibt es die Maskenpflicht sogar in halbierten Grundschulklassen. Auch der Landkreis Starnberg entschied sich gestern, die Maskenpflicht beizubehalten – allerdings mit der Begründung, gerade damit eine drohende Teilung der Klassen verhindern zu wollen. Ähnlich ist es in Freising.

Grundsätzlich landesweit verordnet ist die Maskenpflicht im Unterricht aller Jahrgänge in einem Landkreis bei einem Inzidenzwert größer als 50. So sieht es die bayerische Corona-Ampel vor, die vergangene Woche verabschiedet wurde. Zumindest im Prinzip. Die Landräte, die davon abweichen, berufen sich auf eine Öffnungsklausel.

Ministerpräsident Markus Söder sprach sich gestern in der Regierungserklärung klar für die Maskenpflicht aus. Kultusminister Michael Piazolo (FW) folgt dieser Linie. „Das Infektionsgeschehen verschärft sich derzeit erheblich.“ Auch die Zahl der Schüler, die in Quarantäne sind, steigt täglich. Gestern waren es 26 400 – 10 000 mehr als noch am vergangenen Freitag. Piazolo kann sich auf das Robert-Koch-Institut berufen, das bei der 50er-Inzidenz „Masken im Unterricht aller Jahrgangsstufen“ empfiehlt.

Dr. Dominik Ewald, Landesverbandsvorsitzender des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, würde sich wünschen, dass die Maskenpflicht an Grundschulen aufrecht erhalten wird. „Es ist schwer verständlich, wenn Bürgermeister verkünden, dass auch in Hotspots Grundschüler keine Maske tragen müssen“, sagt er unserer Zeitung. Das Tragen der Maske in Schulen sei sinnvoll, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen. „Die meisten Kinder kommen damit gut zurecht“, sagt er. „Beschwerden können auch psychosomatisch auftreten.“ Angst, dass Kinder durch die Maske nicht genug Luft bekämen, müsse niemand haben.

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