„Künftige Generationen sollen auch noch alte Mühlen erleben können“

von Redaktion

INTERVIEW

Andreas Ehrhardt ist Müllermeister, Mühlenbautechniker und Autor des kürzlich erschienenen Buchs „Alte Mühlen in Bayern“. Ein Gespräch rund ums Mühlrad.

Herr Ehrhardt: Sie beschäftigen sich mit Mühlen, seit Sie 13 Jahre alt sind. Was fasziniert Sie so?

Die Vielfalt, die heute noch erhalten ist. Wenn man durch die Lande fährt und die Augen offen hält, kann man viele verschiedene Mühlen entdecken. Es gibt keine zwei gleichen Mühlen. Ich vergleiche das gerne mit dem Automarkt. Freilich, jedes Auto hat vier Räder, alle fahren von A nach B und trotzdem unterscheiden sich Ford Fiesta und Porsche Cayenne gewaltig. Und wenn man dann noch an die Oldtimer denkt, kann man sich gut vorstellen, wie vielfältig Mühlen sein können.

Sie haben drei Kinder. Geben Sie die Leidenschaft für Mühlen weiter?

Mein Großer liebte es schon mit zwei Jahren, in meinen Bildbänden über Mühlen zu stöbern. Und wenn wir einen Ausflug machen, schauen alle auch gerne den Wasserrädern zu. So ein sich drehendes Rad im Wasser ist für Kinder spannend und faszinierend. Da muss ich immer an die Ausflüge mit meinem Großvater denken – zu einer alten Sägemühle im Frankenwald.

Ein alte Mühle am Fluss – ist das bald ein Bild aus der Vergangenheit?

Jedes Jahr machen ein paar Mühlen zu. Letztes Jahr gab es noch 52 gemeldete Mühlenbetriebe in Bayern. Es gibt aber insgeheim auch heute noch weit mehr Mahlmühlen – kleine Familienbetriebe, die nicht viel produzieren und deshalb nicht gemeldet werden müssen. Trotzdem sinkt die Zahl seit Jahrzehnten. 1946 gab es noch 4440 Mühlen in Bayern. Das ist ein massiver Schrumpfungsprozess.

Mit welchen Problemen kämpfen die Mühlen?

Eine Mühle muss unterhalten werden. Bausubstanz verschleißt und eine Renovierung ist teuer. Hinzu kommt der technische Unterhalt von Wasserrad oder Turbine. Viele fragen sich: Rentiert sich das? Der Erhalt einer Mühle ist mit viel finanziellem Aufwand und Liebhaberei verbunden. Und wer nicht mit der Zeit geht, „geht“ mit der Zeit. Stillstand ist immer auch Rückschritt. Aber man muss auch über den Tellerrand blicken und sich fragen: Muss in der Wirtschaft ständig alles wachsen? Die Corona-Krise hat gezeigt: Die Menschen sind froh, wenn sie eine kleine Mühle im Ort haben, wo sie ihr Mehl kaufen können.

Sie engagieren sich im Verband für Mühlenerhalt, haben gerade ein Mühlenbuch veröffentlicht. Was treibt Sie an?

Die Sicherung der Mühlen für die Zukunft. Künftige Generationen sollen auch noch alte Mühlen erleben können. Die Leute müssen wissen, was es gibt und was erhaltenswert ist. Das treibt mich an. Ich hoffe, der ein oder andere legt sich unser Buch ins Handschuhfach und geht auf die Suche nach den alten Mühlen in Bayern.

Interview: Oskar Paul

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