München/Garching – Die Universitäten in Bayern müssen sich mitten in der Corona-Pandemie auf einen Rekordansturm gefasst machen. Zum Wintersemester haben sich mehr als 403 000 Studenten an den Unis und Hochschulen eingeschrieben – 2,3 Prozent mehr als im Vorjahr. Darunter sind mehr als 67 000 Erstsemester. Auf sie wartet ein Mix aus Präsenz- und Digitalveranstaltungen. Er sei optimistisch, dass der Semesterstart gut klappe, sagte Wissenschaftsminister Bernd Sibler (CSU). Corona habe der digitalen Lehre „einen Schub“ versetzt. Das mache sich jetzt bezahlt.
Die Unis kämpfen in der Pandemie allerdings mit ungeahnten Raumnöten. Für eine Vorlesung an der Uni selbst gibt es strikte Beschränkungen: Maximal 200 Personen sind erlaubt, zudem müssen sie mindestens 1,5 Meter Abstand halten und auch während der Veranstaltung eine Mund-Nasen-Maske tragen. Diese Abstandsregelung stellt die Unis vor ein Problem: „Selbst in unseren größten Innenstadt-Hörsaal passen mit dem Mindestabstand von 1,50 Metern nur etwa 77 Leute“, sagte etwa der Vizepräsident der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität, Oliver Jahraus.
Hörsäle wie das Auditorium Maximum (Audimax), in denen in normalen Zeiten 700 Personen Platz nehmen können, sind nun nur noch für kleinere Veranstaltungen nutzbar. Durch die feste Bestuhlung in dem denkmalgeschützten Raum reihen sich die Holzstühle eng nebeneinander, sodass für die Einhaltung des Mindestabstandes mehr als ein Platz ausgelassen werden muss. Die großen Einführungsveranstaltungen in Massenfächern wie Jura oder BWL finden daher digital statt. Minister Sibler schloss nicht aus, dass das Wintersemester bei einer weiteren Verschärfung der Lage „notfalls“ auf 100 Prozent Digitallehre umschalten müsse.
Auch die Vorschrift des regelmäßigen Lüftens ist leichter gesagt als umgesetzt. „Manche Räumlichkeiten liegen im Innenbereich von Gebäuden. Hier wird es schwierig, schnell die Luftmasse auszutauschen“, sagte Jahraus. Die Räume werden einmal am Tag gründlich desinfiziert. „Nach jeder Veranstaltung zu desinfizieren, ist bei den vielen LMU-Lehrveranstaltungen ein hoher Aufwand – dafür fehlt uns leider das Personal.“
Das Raumproblem kennen auch andere Universitäten im Freistaat. Die Technische Universität München hat wegen des erhöhten Raumbedarfs mehrere Zelte für Lehrveranstaltungen auf dem Garchinger Campus einrichten lassen, von denen manche 190 Personen fassen. Die Vorlesungen sollen in drei Hörsäle gleichzeitig übertragen werden, samt Live-Chat und Fragemöglichkeiten.
In der Pandemie fast in den Hintergrund tritt, dass an den Unis 50 neue Studiengänge starten, zumeist in Hightech-Fächern wie Künstlicher Intelligenz, Luft- und Raumfahrt oder Digitalisierung. Am Studienstandort Bayern werde hier „ein richtiger Wumms“ stattfinden, sagte Sibler. dw/lby