München – Das ökumenische Tandem aus München ist schon im Februar auseinandergebrochen: Als der Münchner Kardinal Reinhard Marx (66) am 11. Februar überraschend seinen Rückzug vom Amt als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz ankündigte, verlor der evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm seinen vertrauten katholischen Bruder im Geiste auf deutscher Ebene. Sechs Jahre lang vertraten die Freunde die beiden großen christlichen Kirchen in Deutschland. Die Zeiten der „Kirchenhauptstadt München“ neigen sich dem Ende zu, wo sich jetzt auch Bedford-Strohm vom Spitzenamt der EKD zurückzieht.
Amtsmüde sei er nicht, versicherte der jugendlich wirkende 60-Jährige, der stets agil und energiegeladen auftritt. Fast immer hat der Mann mit dem üppigen weißen Haarschopf ein Lächeln auf den Lippen. Doch das Lächeln dürfte ihm in den vergangenen Jahren immer schwerer gefallen sein. Innerhalb der EKD und in den Landeskirchen wurde eine gewisse Polarisierung nach verschiedenen politischen Äußerungen sichtbar. Dass die EKD mit einem Bündnis ein zusätzliches Schiff zur Rettung von Flüchtlingen ins Mittelmeer schickt, hat ihm zwar vornehmlich außerhalb der Kirchenmauern heftige Anfeindungen eingebracht – bis hin zu unerträglichen Morddrohungen.
Aber auch innerkirchlich ist das Vorgehen umstritten. Ebenso wie ein Vorschlag des Bayern, zur Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise eine Vermögensabgabe einzuführen. Statt eines Akteurs auf dem politischen Parkett wünschen sich seine Kritiker mehr spirituelle, geistliche Führung. Für den Theologieprofessor aus Memmingen indes gehört es untrennbar zusammen: die gesellschaftspolitischen Debatten und die Glaubensverkündung. Bedford-Strohm weicht nicht vor innerkirchlichen Diskussionen: „Nein, mürbe bin ich kein bisschen. Ich freue mich an meinem Amt genauso wie zu Beginn. Dass dazu auch gehört, dass man auch mal angegriffen wird, war mir immer klar. Und ich habe die inneren Ressourcen, um damit auch umzugehen“, sagte er unserer Zeitung. Kontroverse Diskussionen führe er gerne. Doch sie müssten im gegenseitigen Respekt geführt werden.
Sein Rückzug habe einen ganz anderen Grund und stehe schon seit längerer Zeit fest: „2023 wird meine Zeit als bayerischer Landesbischof ja definitiv zu Ende sein, da die Verfassung eine Wiederwahl ausschließt. Beim Ratsvorsitz sollte man das Amt eines oder einer Leitenden Geistlichen im Rücken haben.“ Und das wäre dann nur die ersten zwei Jahre einer neuen Amtsperiode als EKD-Ratsvorsitzender der Fall. „Deswegen macht es Sinn, dieses Amt in andere Hände zu legen. Man muss auch ein Amt, das einem Freude macht, zur richtigen Zeit loslassen“, sagte er.
Also habe seine Entscheidung auch nichts mit dem Rückzug von Kardinal Marx zu tun. Er freue sich, „die letzten zwei Jahre meiner Amtszeit als bayerischer Landesbischof wieder ganz meiner bayerischen Landeskirche widmen zu können. Da werde ich in den nächsten drei Jahren in gewohnter ökumenischer Gemeinsamkeit zusammen mit Kardinal Marx noch viele ökumenische Akzente setzen können“.
Eine Entscheidung, die auch der Münchner Regionalbischof Christian Kopp begrüßt: „Das ist ja unser Landesbischof und den brauchen wir hier.“ Es sei schön, wenn er sich jetzt mit aller Kraft in Bayern einbringen könne. Als EKD-Ratsvorsitzender brauche man die Verbindung mit der Basis. Das wäre ab 2023 nicht mehr der Fall gewesen. „Ich halte das für eine weise Entscheidung“, sagte Kopp.