München – Papst Franziskus hat es verkünden lassen: Er feiert Weihnachten ohne Gläubige im Vatikan. Die Gottesdienste in privater Form werden online übertragen – die Pandemie verbannt die Gläubigen aus dem Vatikan. „Das Thema Weihnachtsgottesdienste treibt uns schon seit Wochen um“, sagt der Miesbacher Dekan Michael Mannhardt. Es wird überlegt, wie man stimmungsvolle Feiern mit Abstand sicherstellen kann. „Wir werden wohl noch mehr Angebote als sonst schaffen. Sowohl in den Kirchen als auch draußen.“ Derzeit wird nach geeigneten Plätzen Ausschau gehalten. Sogar die Oberlandhalle, wo Zuchtviehmärkte stattfinden, steht zur Diskussion. Die Geburt Jesu im Stall zu Bethlehem in der Zuchtviehhalle Miesbach zu feiern – das wäre sozusagen Weihnachten mit Stallgeruch. Aber Dekan Mannhardt hat so seine Zweifel: „Die Frage ist, ob die Menschen mit dieser Räumlichkeit leben könnten.“
Ob da Weihnachtsatmosphäre aufkommt? Im Freien wäre das leichter. „Bei den Gottesdiensten in den Kirchen werden wir nicht drum herumkommen, dass die Menschen sich anmelden müssen“, sagt Mannhardt. „Das müssen wir irgendwie kanalisieren.“ In jedem Fall bedeutet Weihnachten 2020 für die Seelsorger: mehr Gottesdienste als in normalen Jahren. Die klassische Weihnachtsmesse mit Eucharistie wird wohl eher in Kirchen stattfinden, im Außenbereich wird man Andachten feiern. „Stille Nacht, Heilige Nacht“ aber wird drinnen wie draußen gesungen.
Weihnachten in einer Fußballarena, wie es in Nürnberg oder München überlegt wird, ist für Mannhardt keine Option. Da würde man zwar viele Menschen unterbringen, aber heimelig sei das nicht. Im Stadion regiert halt König Fußball. Dass Weihnachten wie in diesem Jahr Ostern nahezu ausfällt – die Sorge hat Mannhardt nicht. Es könnte sein, dass alles etwas kleiner sein wird. Besonders aber wird sein Team darauf achten, dass die Senioren, die nicht kommen können, nicht vergessen werden. „Gerade die alten Menschen in den Heimen haben es besonders schwer. Damit sie sich nicht vergessen fühlen, müssen wir noch viel kreativer werden.“
Ganz auf die schöne Atmosphäre im Ort setzt man in der Gemeinde Heilig Geist in Apfeldorf (Kreis Landsberg). Die Pfarrgemeinderatsvorsitzende Hildegard Bader und ihre Mitstreiter wollen die Christmette am Heiligabend um 14 Uhr nach draußen verlagern auf den Platz mit den Kastanienbäumen, wo sonst der Weihnachtsmarkt stattfindet. Die Kommunionkinder werden eine lebendige Krippe darstellen, zum Gloria sollen Engel vom Balkon eines Hauses singen. Die Ehrenamtlichen haben schon alles mit Pfarrer Michael Vogg abgesprochen. Draußen soll die Mette sein, „denn wir wollen ja niemanden heimschicken“, sagt Bader. „Das wäre das Schlimmste, wenn zur Christmette nur ein paar Menschen kommen könnten.“ Den Kirchen ist auch die Gefahr bewusst, dass die Gläubigen feststellen könnten, auch ohne Gottesdienste an den Hochfesten leben zu können. Zwei Drittel der Deutschen würden laut einer Umfrage bei Corona-bedingten Absagen den Weihnachtsgottesdienst nicht vermissen. So wie Ostern, als nichts stattfand, soll es nicht wieder sein. Dafür geben Hildegard Bader und ihr Team alles. Aber das Wetter muss mitspielen. „Dafür ist der Herr Pfarrer verantwortlich.“
Michael Vogg kümmert sich in der Pfarreiengemeinschaft Lechrain um sechs Pfarreien. Er muss die Gottesdienste „entzerren“. Von sieben Christmetten finden drei draußen statt. In Ludenhausen etwa wird an einem mit Bäumen umsäumten alten Stadl gefeiert. „Da kommt man bestimmt dem Krippengeschehen noch näher“, glaubt er. Und was die mögliche Kälte betrifft: „Vielleicht hat es Maria und Josef ja auch gefroren?“ Weihnachten 2020 wird halt ursprünglicher. Vogg sieht eine Chance, es einmal anders zu machen – „aber nicht weniger inniglich“. Die Botschaft, dass der Heiland zu den Menschen kommt, sei in Corona-Zeiten wichtiger denn je. Und das Bedürfnis der Menschen, in die Kirche zu kommen, groß.
Christoph Klingan, Generalvikar des Erzbistums München und Freising, sagt auch: „Eine Situation wie an Ostern, als Gottesdienste nur ohne Anwesenheit der Gläubigen möglich waren, wird sich hoffentlich nicht wiederholen.“ Das Ziel bleibe, das Infektionsrisiko auf ein Minimum zu reduzieren. Er hofft, dass die Weihnachtsgottesdienste stattfinden können. Die Erzdiözese werde das Infektionsgeschehen beobachten und bleibe mit der Staatsregierung im Gespräch. Infektionen zu vermeiden habe höchste Priorität. Gleichzeitig soll das Glaubensleben so weit wie möglich aufrechterhalten werden. CLAUDIA MÖLLERS