Bayerbach – Eine Adelsfamilie aus Niederbayern überlässt im 19. Jahrhundert der katholischen Kirche Grundstücke und Ziegelsteine für den Bau eines Gotteshauses, versorgt den Pfarrer mit Weizen, Holz und Bier. Im Gegenzug soll es im Dorf eine eigenständige Pfarrstelle, eine Kirche, einen Friedhof und ein Pfarrhaus geben – und das „auf ewig“, wie Nachfahre Dietrich Freiherr von Gumppenberg sagt. Als Geschäftsgrundlage sieht er ein Stiftungsprotokoll von 1830. Genau darum ist ein Streit zwischen dem 79-Jährigen und dem Bistum Regensburg entbrannt. Das Bistum hat das Pfarrhaus abreißen lassen. Gumppenberg spricht von Vertragsbruch und will Klage einreichen.
„Ich bin mehr als enttäuscht“, sagt der PR-Fachmann und ehemalige FDP-Landtagsabgeordnete. Er fordert über seinen Anwalt Sebastian Lommer eine Rückübertragung der Grundstücke oder eine finanzielle Ablöse. Jahrhundertelang habe seine Familie mit der Kirche ein enges Verhältnis gepflegt. Ziel sei es Anfang des 19. Jahrhunderts gewesen, in Bayerbach nahe Landshut eine gestiftete Pfarrstelle dauerhaft zu etablieren.
Für Kirche, Friedhof und Pfarrhaus stellten von Gumppenbergs Vorfahren rund 8000 Quadratmeter Grund zur Verfügung. So sollte eine „ewigliche Aufrechterhaltung“ einer Pfarrstelle gewährleistet sein. In einem Nachbarort ließ die Familie ein Schloss abreißen, damit aus den Steinen die Kirche gebaut werden konnte.
Dafür durfte sich die Familie eine Gruft auf dem Friedhof errichten und im Gotteshaus ihr Wappen anbringen. „Natürlich waren da auch Eitelkeiten dabei, aber eben auch eine große Begeisterung“, sagt Dietrich von Gumppenberg. All das ist der Kirche – aus seiner Sicht – heute nichts mehr wert. Sie halte sich nicht an ihre Verpflichtungen.
Einen eigenen Pfarrer gebe es in dem Dorf ohnehin nicht mehr. In diesem Sommer sei dann das Gerücht durchgesickert, das Bistum wolle das historische Pfarrhaus abreißen und durch ein neues Pfarr- und Jugendheim ersetzen, erzählt von Gumppenberg. Daraufhin habe er im Familienarchiv die alten Dokumente herausgesucht. Er sitzt in seinem Büro und hat vor sich auf dem Tisch einen Stapel Unterlagen, einen Aktenordner und die Stiftungsdokumente liegen. Sie sind in akkurater Kurrentschrift verfasst. Eine Expertin hat sie transkribiert.
In schwarzer Tinte auf vergilbtem Papier steht geschrieben: „Der Wohnsitz eines zeitlichen Benefiziaten darf zu keiner Zeit und unter keinem Vorwande von Baierbach hinweg und anders wohin verlegt werden.“ Datiert ist das Stiftungsprotokoll auf den 17. April 1830. Weiter heißt es, würde das Benefizium „wieder Verhoffen einst aufgelöset, vom Staate eingezogen, oder aus selben eine Pfarrei gebildet werden“, würden die Zahlungsverbindlichkeiten aufgelöst und die früheren Eigentumsrechte wiederhergestellt werden. Diesen Punkt sieht von Gumppenberg nun erfüllt. Über seinen Anwalt hat er deswegen die alten Verträge samt Übereignung der Grundstücke aufkündigen und eine Klage ausarbeiten lassen.
Das Bistum sieht den Fall anders. Ein Sprecher sagt, die genannten Vereinbarungen stünden so lediglich im Stiftungsprotokoll; nicht aber im notariellen Abtretungsakt, dem Stiftungsbrief. Und nur der sei rechtsverbindlich. Im Stiftungsbrief stehe, so schreibt Generalvikar Michael Fuchs an von Gumppenbergs Anwalt, den damaligen Stiftern sei es um zwei Ziele gegangen: mit einem Benefizium die Seelsorge in dem Ort zu stärken sowie die Schul- und Jugendbildung zu fördern. Über die Pfarrgemeinschaft mit Ergoldsbach sei auch Bayerbach weiterhin von einem Pfarrer betreut, und bei dem geplanten Neubau handele es sich um ein Pfarr- und Jugendheim. Die Stiftungsziele seien erfüllt.
Spricht man mit von Gumppenberg, ist spürbar, dass der Konflikt auch eine menschliche Komponente hat. Es geht um Wertschätzung, um Vertrauen und um über die Jahre entstandene Kränkungen. So gab es mehrfach Streit um die Familiengruft. Und als von Gumppenberg im Sommer wegen des geplanten Pfarrhaus-Abrisses das Gespräch mit dem Bistum suchte, sei man ihm mit großer Arroganz begegnet. Der Vorschlag, einen Mediator einzuschalten und gemeinsam eine Lösung zu finden, sei abgelehnt worden. Und mit dem Abriss der Pfarrhauses wurden Fakten geschaffen.
Der Bistumssprecher sagt, falls die Angelegenheit vor Gericht landen sollte, wäre das doch nur gut. Dann würde es eine gerichtliche Einigung geben.