Laufen – Im Nachbarland Österreich gilt ab heute der zweite Corona-Lockdown. Die meisten Geschäfte müssen schließen, Schulen stellen auf Fernunterricht um. Bürger dürfen nur noch mit triftigen Gründen das Haus verlassen: Um zur Arbeit zu gehen, notwendige Grundbedürfnisse des täglichen Lebens zu erfüllen, andere Menschen zu pflegen oder um sich an der frischen Luft zu bewegen. Ansonsten lautet der Appell von Bundeskanzler Sebastian Kurz: „Treffen Sie niemanden!“
Was bedeutet das für Bayerns Grenzgemeinden? Schließlich sind im Freistaat Baumärkte und andere Geschäfte weiter geöffnet. Lockt da nicht der kurze Gang über die Grenze für einen schnellen Einkauf – auch wenn der Kanzler rät, zu Hause zu bleiben? Aus dem österreichischen Innenministerium heißt es auf Nachfrage, gegen den Einkauf für Grundbedürfnisse spreche auch auf bayerischer Seite nichts. Ein Shopping-Ausflug ins nur noch in Bayern geöffnete Sportgeschäft hingegen sei nicht im Sinne der Verordnung.
„Es wird sich schon bemerkbar machen, dass der ein oder andere jetzt zu uns zum Einkaufen kommt“, vermutet Hans Feil, Bürgermeister der Stadt Laufen im Berchtesgadener Land. Nur die Salzach trennt seine Stadt vom österreichischen Oberndorf, ein kurzer Fußmarsch über die Brücke und die Bewohner kommen vom „Lockdown light“ in den vollen Lockdown und umgekehrt.
Erlaubt ist das grundsätzlich für Bewohner der Grenzregion, wenn sie nicht länger als 24 Stunden die Grenze überschreiten – sowohl von Österreich nach Deutschland als auch andersherum. So regelt es seit einer Woche die überarbeitete Einreiseverordnung des Freistaats.
Bürgermeister Feil lobt diese Änderung für den kleinen Grenzverkehr, er hatte sich dafür eingesetzt. „Gott sei Dank ist die Grenze jetzt offen. Man hat aus den Fehlern im ersten Lockdown gelernt“, sagt er. Damals waren die Grenzen zeitweise geschlossen, Paare, die eine grenzübergreifende Beziehung führten, konnten sich teils über Wochen nicht sehen. „Das war überzogen“, sagt Feil. Ein Einkaufschaos im lokalen Einzelhandel fürchtet er indes nicht. „Unsere Nachbarn sind ja angehalten, zu Hause zu bleiben.“ Und selbst wenn der ein oder andere für eine Besorgung über die Salzach kommt, wird das nach Einschätzung Feils nicht zu einer größeren Infektionsgefahr führen. „Die Leute halten Abstand und tragen Maske beim Einkauf.“
So sehen das auch Bürgermeister in anderen bayerischen Grenzgemeinden. Enrico Corongiu, Rathauschef in Mittenwald, sagt, sein Ort sei ohne den Tourismus fast wie ausgestorben. Der ein oder andere Besucher aus Österreich sei da kein Problem. Hajo Gruber, Bürgermeister von Kiefersfelden, betont, seine kleinen Geschäfte leben von den Kunden aus Tirol. „In den vergangenen Tagen habe ich beobachtet, dass viele Tiroler zum Einkaufen gekommen sind. Ich denke, das wird so weitergehen.“ Solange aber die Hygieneregeln eingehalten werden, hofft er, dass das keine Auswirkung auf die lokalen Infektionszahlen hat.
Eine wöchentliche Testpflicht gilt weiterhin für Pendler aus Österreich, die in Bayern arbeiten, studieren oder ihre Ausbildung absolvieren. Explizit kontrolliert wird das nicht an der Grenze. Die Bundespolizei weist Quarantäne-Kandidaten aber bei Stichproben auf die geltenden Regeln hin, erklärt Rainer Scharf von der Bundespolizei Rosenheim.
Gegen die Testpflicht hat ein Oberndorfer Arbeitnehmer, der in Laufen arbeitet, vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof geklagt. „Aus unserer Sicht verstoßen die Pflichttests in der Einreise-Quarantäneverordnung des Freistaats gegen EU-Recht“, sagt sein Reichenhaller Anwalt Friedrich Hötzendorfer. Unterstützung bekommt er vom Oberndorfer Bürgermeister Georg Djundja: „Diese Ungleichbehandlung österreichischer Pendler muss ein Ende haben.“ Die Entscheidung des Gerichts steht noch aus.