Bayerns spektakulärste Knast-Ausbrüche

von Redaktion

München – Siebeneinhalb Jahre. So lautete das Urteil des Landgerichts Memmingen vom Montag gegen einen 28-jährigen Häftling, der im September vergangenen Jahres mit einem Komplizen aus dem Bezirkskrankenhaus im schwäbischen Günzburg geflohen war. Die beiden hatten eine Mitarbeiterin der Klinik als Geisel genommen und sie gezwungen, die Tür zu öffnen. Dann türmten die Häftlinge und ließen die Frau zurück. Der 28-Jährige wurde schließlich Anfang des Jahres in Spanien gefasst und erneut vor Gericht gestellt. Mit der Freiheit wird es für den jungen Mann so schnell nichts mehr: Nach seiner Haftstrafe muss er in Sicherungsverwahrung. Sein Komplize hingegen ist weiter auf der Flucht. Die Polizei geht davon aus, dass er sich ebenfalls ins Ausland abgesetzt hat.

Dass Gefangene es schaffen, aus ihrer Haft zu entkommen ist in Bayern äußerst selten. Die Zahl der Ausbrüche ist laut Justizministerium seit vielen Jahren trotz gestiegener Gefangenenzahlen rückläufig. So gab es im vergangenen Jahr etwa nur zwei erfolgreiche Ausbrüche aus bayerischen Justizvollzugsanstalten. Auch die sogenannten sonstigen Entweichungen, etwa auf dem Weg zum Gerichtstermin oder im Krankenhaus, bewegten sich in den vergangenen Jahren immer im einstelligen Bereich. Einige Fluchtversuche bleiben aber in Erinnerung.

. Große Kletterkunst

Im August vergangenen Jahres sorgten zwei Häftlinge der JVA Memmingen für Schlagzeilen. An einem Sonntagnachmittag nutzten die beiden ihren Hofgang und machten sich aus dem Staub. Dabei überwanden sie eine sieben Meter hohe, mit Stacheldraht geschützte Mauer. Anstaltsleiterin Anja Ellinger spricht von einer sportlichen Höchstleistung, will aber bis heute keine Details verraten, wie die beiden die Mauer überwanden. Nur so viel: Sie nutzten Hilfsmittel für die Kletteraktion. Die Zeit in Freiheit währte aber nur kurz: Einer der beiden wurde schon einen Tag später im Nachbarlandkreis gefasst, der zweite Flüchtige eine Woche später. Dabei hatten die Sicherheitsvorkehrungen schließlich doch noch zur Festnahme der beiden geführt. Die Männer hatten sich bei der Flucht am Stacheldraht verletzt – und später bei Anwohnern um Verbandszeug gebeten. Das brachte die Ermittler auf ihre Spur.

. Die Wiesn ruft

Große Aufregung löste vor fünf Jahren ein 17-Jähriger in der JVA Stadelheim aus. Er war am Tag zuvor verhaftet worden und musste einen Arrest absitzen – ausgerechnet zur Oktoberfestzeit. Auf den Wiesn-Besuch wollte der junge Mann aber keinesfalls verzichten. Er kletterte beim Hofgang im Jugendknast die Fassade des Innenhofs hoch und schaffte es bis aufs benachbarte Dach des Frauengefängnisses. Dort zog er sich bis auf die Unterhose aus und wollte sich mit seiner Anstaltskleidung aus 18 Metern Höhe abseilen. Nach einigen Schimpftiraden gab er jedoch klein bei und ergab sich den herbeigeeilten Beamten.

. Drapierte Betten

In der JVA Kronach bemerkten die Justizbeamten das Fehlen zweier Insassen erst beim Mittagessen – da waren die beiden Flüchtigen längst im 30 Kilometer entfernten Coburg. Sie hatten eine „bauliche Schwachstelle“ genutzt, wie es nach dem Ausbruch vor neun Jahren hieß. Und ihre Betten so drapiert, dass alle dachten, die beiden schlafen noch. Mit gestohlenen Fahrrädern türmten die Häftlinge – ehe sie von einem Spezialeinsatzkommando wieder eingesammelt wurden.

. Abgeseilt

Eine filmreife Flucht legte ein 28-jähriger Kosovare vor zehn Jahren in der JVA Traunstein hin. Er saß wegen mehrerer Einbrüche hinter Gittern – und bewies, dass er auch im Ausbrechen kein Anfänger ist. Mithilfe von Sägeblättern, die ihm wohl seine Angehörigen ins Gefängnis geschmuggelt hatten, kämpfte er sich durch die Gitterstäbe vor seinem Fenster im dritten Stock. Die Justizbeamten fanden am Abend nur noch das herausgedrückte Eisengitter – und ein Seil, das aus dem Fenster hing. Erst sechs Jahre später wurde der Mann in Österreich gefasst. dg/thi/lby

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